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Bauprojekte und Stadtentwicklung Neustrelitz

Neue Baugebiete in Neustrelitz

Die Umstände passen: Niedrigzinspolitik führt zu günstigen Baukrediten und die Kinder der Baby-Boomer-Generation sind im Hausbau-Alter. Auch in Neustrelitz besteht zur Zeit eine hohe Nachfrage nach Grundstücken für Einfamilienhäuser. Entsprechend den Zielen der Stadtentwicklung möchte die Stadt diesen Bedarf decken und weist deshalb neue Baugebiete aus. Dort können Bauwillige Grundstücke kaufen und bauen. Die folgenden Baugebiete befinden sich aktuell in Planung. Außerdem werfe ich einen Blick darauf wie es überhaupt zur Ausweisung der neuen Baugebiete kommt und blicke kurz in die nähere Zukunft.

Überblick

Neues Baugebiet Dr.-Schwentner-Straße

Hier ist ein Baugebiet mit 25 Grundstücken und einer Straße zur Erschließung in Planung. Es liegt außerhalb des Stadtkerns, zwischen Wohnblöcken, Kleingärten und Baumreihen. Die Innenstadt ist zwar relativ nah, es wirkt hier aber doch etwas abgeschieden. Eine Bebauung mit Eigenheimen und Stadtvillen (zwei Geschosse) wird jedenfalls zur Durchmischung der Dr.-Schwentner-Straße beitragen, denn hier stehen praktisch nur Wohnblöcke.

Plan neues Baugebiet Dr. Schwentner-Straße Stand Februar 2021
Plan neues Baugebiet Dr. Schwentner-Straße Stand Februar 2021

Das Gelände war Teil des „Soldatenstädtchens“, das an die ehemalige große Kaserne grenzte. Hier befanden sich Wohnungen und Einrichtungen für Offiziersfamilien. Zuerst für die Wehrmacht, dann für die Sowjetarmee. Nach der Wende fand sich keine Nutzung. Die Gebäude abgerissen und die Fläche lag lange Zeit brach.

Die Fläche im Januar 2022

Bedeutung dieses Baugebietes für die Stadtentwicklung

Es bedeutet auch ein wenig „natürliche“ Stadtentwicklung. Die Bebauung an der Dr.-Schwentner-Straße ist nämlich „unnatürlich“, also nicht organisch gewachsen. Dass hier mitten in der Landschaft Mehrfamilienhäuser ohne Umfeld stehen ist im wahrsten Sinne des Wortes historisch bedingt. Die großen mehrgeschossigen Gebäude wurden in den 1930ern und in der späten DDR-Zeit in die Nähe der Kaserne und weiteren Militäreinrichtungen gebaut. Die Kaserne und die Anlagen gibt es nicht mehr. Auf diese Flächen wurde teils ein großes Solarfeld, das Krankenhaus und die Umgehungsstraße gebaut. Andere Teile wurden aufgeforstet oder sind einfach Brachland. Die heutigen Gebäude an der Dr.-Schwentner-Straße sind Reste eines ehemaligen riesigen Komplexes aus der Zeit als Neustrelitz Militärstandort war.

Dr. Schwendtner-Straße Luftbild 1991 (Geoportal MV)
Dr.-Schwentner-Straße Luftbild 1991 (Quelle: Geoportal MV)
Dr.-Schwentner-Straße 2021 (Google Maps)
Dr.-Schwentner-Straße Satellitenbild 2021 (Quelle: Google Maps)

Dadurch, dass auch Teile der „Randbebauung“ nicht mehr existieren funktioniert die Gegend nicht wie ein eigener Stadtteil (anders als z.B. in Kiefernheide wo man auch einkaufen kann oder in die Schule geht).

Die Dr.-Schwentner-Straße ist eher eine Randlage und hier stehen ausschließlich Wohnblöcke. Die Mieten sind günstig und ich schätze, dass ein Großteil der Einwohner erst in den 1990ern nach Abzug der Armee hingezogen sind. Zu dieser Zeit war es kein Privileg mehr eine solche Wohnungen zu bekommen. Kurz gesagt: hier finden sich viele Haushalte  mit niedrigem Einkommen. Der Anteil dürfte höher als in Kiefernheide oder an der Rudower Straße sein, wo neben den Blöcken viele andere Wohngebäude, insbesondere Einfamilienhäuser stehen.

Mit den neuen Eigenheimen an der Dr.-Schwentner-Straße wird nicht architektonische, sondern auch die soziale Durchmischung gefördert.

Wohnquartier zwischen Höhen- und Karbe-Wagner-Straße

Dieses neue Wohnquartier liegt zwischen einem bestehenden Wohngebiet, der Walter-Karbe-Schule und dem Fasanerie-Park. Dass das Gelände bisher noch unbebaut ist hat auch etwas mit der ehemaligen militärischen Nutzung der Fläche zu tun. Hier entstehen 15 Eigenheimgrundstücke und es wird auch eine komplett neue Straße benötigt. Der Kaufpreis für die Grundstücke wurde in der Stadtvertretung auf 50€/qm festgelegt, wobei hier noch Erschließungskosten dazukommen. Die Fläche direkt daneben, zur Strelitzer Chaussee hin, ist unter anderem als Platz für eine möglicherweise in der Zukunft zu bauende Schwimmhalle im Gespräch.

Zur Festlegung eines neuen Straßennamens

Ein Name für eine neue Straße muss her! Für das „Wohnquartier zwischen Höhen- und Karbe-Wagner-Straße“. Am 21.10. wird die Neustrelitzer Stadtvertretung darüber entscheiden, ob sie „Walter-Gotsmann-Straße“ heißen soll.
Dieser Herr Gotsmann hat bereits eine Straße in seinem Geburtsort Granzow (Ortsteil von Mirow) und in NB gibt es schon einen „Walter-Gotsmann-Weg“. Zuerst habe ich mir gedacht, dass er damit doch schon ausreichend „versorgt“ ist und es vielleicht noch Persönlichkeiten gibt, nach denen noch keine Straße benannt ist…
Aber wenn man sich seinen Lebensweg ansieht ist der vor Allem Neustrelitz verbunden. Da scheint es verwunderlich, weshalb woanders schon, aber noch nicht hier eine Straße nach ihm benannt wurde.

aus meinem facebook-Post vom 13.10.2021

Neues Baugebiet Schlangenallee

Auch an der Schlangenallee (einer der interessantesten Straßennamen in Neustrelitz) ist ein Baugebiet in Planung.

Die andere Straßenseite ist bereits seit längerer Zeit bebaut, so dass für die neu entstehenden 10 Grundstücke keine neuen Versorgungsleitungen verlegt werden müssen.

Neues Baugebiet Schlangenallee am 14.10.2021
Neues Baugebiet Schlangenallee am 14.10.2021

Es handelt sich eigentlich um eine Erweiterung des bestehenden Wohngebietes, welches abseits des Zentrums liegt. Ohne Verbindung mit anderen bewohnten Stadtteilen wirkt es mitten in die Landschaft gesetzt.

Einer grenzt es direkt an ein Gewerbegebiet, andererseits wird das dadurch ausgeglichen, dass es an den Wald (Kalkhorst) und den entwässerten Wiesen grenzt. Das Wohnumfeld ist hier also vielfältig: Wald, Gewerbegebiet und die Kulturlandschaft um Alt-Strelitz.

Neues Baugebiet Sandberg/Bollenacker (Erweiterung)

Der alte Schulsportplatz und weiteres Gelände im Umfeld werden nun als Baugebiet vorbereitet. Damit wird das bestehende Wohngebiet mit Eigenheimen erweitert. Es wird nachverdichtet und damit keine neuen Flächen in Außenbereich verbraucht. Die Nachverdichtung bedeutet hier, dass alte Kleingärten durch Wohnhäuser in Innenstadtnähe ersetzt werden. Das Wohngebiet am Sandberg wächst in alte, aufgegebene Kleingärten und einen ehemaligen Sportplatz hinein.

„Zudem besteht die dringende Notwendigkeit einer städtebaulichen Ordnung in dem Bereich, da sich die aufgegebenen Gärten zu einem städtebaulichen Missstand entwickeln.“
(Aus der Stadtverwaltung, Begründung der Änderung des B-Plans)

bestehender Kleingarten direkt neben einem Neubau
verlassener, verfallener Kleingarten

Direkt an der Schule wurde 2020 eine neue Sportanlage gebaut. Dem Wachstum des Baugebietes in die Gärten sind aber Grenzen gesetzt. So sollten eigentlich noch mehr Gärten in Bauland umgewandelt werden, war aber wegen hohem Grundwasserspiegel baulich nicht möglich. In einem anderen Bereich haben sich Eigentümer der jetzigen Gärten dagegen ausgesprochen.

ehemaliger Sportplatz
Rest des Sportplatz

Das städtebauliche Planungsgebiet Zierker Straße/Sandberg (Bebauungsplan Nr. 12/91) vergrößert sich von 11,86 ha auf 14,63 ha, also grob um ein Viertel. Die neuen Bereiche sind kein zusammenhängendes großes Neues Baugebiet, sondern mehrere auseinanderliegende Grundstücke.

Kern des neuen Baugebietes Sandberg/Bollenacker

Wie kommen neue Baugebiete eigentlich zustande?

Der Anstoß für ein neues Baugebiete kommt in der Regel aus dem Amt für Stadt- und Grundstücksplanung. Grundlage dafür ist die erwartete Entwicklung von Bevölkerung und Wohnungsmarkt. Dabei spielen Bevölkerungszahl, Altersstruktur, Leerstand und der Immobilienmarkt eine Rolle.

Ein neues Baugebiet durchläuft mehrere Phasen. Die Schaffung von Baurecht, Ankauf der Grundstücke, Einholung von Gutachten und die Planung der Erschließung. Dann auch die tatsächliche Erschließung mit Straßen und Versorgungsleitungen und am Ende der Verkauf der Grundstücke. Zwischendurch erfolgen Beschlussfassungen der Stadtvertretung. Auch Bürger können Bedenken und Änderungswünsche äußern. Alles in Allem ist es ein langwieriger bürokratisch-demokratischer Prozess

Die Stadtverwaltung sucht also geeignete Flächen und schlägt sie vor. Die Entscheidungen treffen jedoch die gewählten Stadtvertreter. Das sind mehrere einzelne Beschlüsse in den verschiedenen Phasen, die bestimmen welche Art Gebäude errichtet werden dürfen, Grundstückaufteilung oder die Festlegung von Preisen. Die tatsächliche Umsetzung und Ausgestaltung sieht dadurch oft anders aus als die Ursprungsidee.

Für die zukünftigen Bedarfe in Neustrelitz wird zur Zeit eine neue Wohnungsmarktstrategie in Auftrag gegeben.

Ausblick auf die nähere Zukunft

Es gibt natürlich interne Überlegungen im Amt, die aber noch nicht spruchreif sind. Die Information der Öffentlichkeit basiert hier auf dem Strelitzer Echo als amtliches Mitteilungsblatt.

Abzusehen sind aber Erweiterungen von bestehenden Wohngebieten. Meiner Ansicht nach wird das Wohngebiet Sandberg weiter in die zum Teil verfallenden Kleingärten hineinwachsen. Zumindest dort, wo es vom Baugrund her möglich ist. Außerdem ist es für Neustrelitzer kein Geheimnis, dass zwischen Zierker See und Zierker Straße, wo sich gerade alte Betonflächen und Lagerhallen befinden, Baugrundstücke reißenden Absatz finden würden. So schnell ist es aber nicht zu erwarten. Momentan (Februar 2022) steht das Gelände als Lagerfläche und und Lagerhallen zum Verkauf. Hier könnte also ein privater Immobilienentwickler aktiv werden. Zwar ist der Bereich im Flächennutzungsplan der Stadt für Gewerbe ausgewiesen, das ist aber natürlich änderbar.

Weitere Baugebiete, die durch die Stadt in Vorbereitung sind:

  • Baugebiet in Vorbereitung westlich des Stargarder Ring (12 Grundstücke vorgesehen). Erweiterung des Wohngebiet „Erdbeeracker“
  • Baugebiet in Vorbereitung am Schwarzen Weg (8 Bauplätze vorgesehen)

Übrigens: An der Wilhelm-Stolte-Straße, gegenüber dem Großen Spiegelberg sind auch neue Eigenheime entstanden. Mit der nochmaligen Erweiterung des Erdbeerackers wächst die bebaute Fläche der Stadt hier „von zwei Seiten zusammen“. Man kann in dem Bereich davon sprechen, dass die letzte große flächenmäßige Lücke zwischen dem Neuen und dem Alten Strelitz baulich geschlossen wird. Das Zusammenwachsen von Strelitz und dem „Neuen Strelitz“ soll schon bei der Gründung des neuen Strelitz vor fast 300 Jahren angedacht gewesen sein.

Beitrag zuletzt geändert: 14.02.2022

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Neustrelitz Stadtgesellschaft, Debatten und Meinung

Könnte Neustrelitz Rechenzentrum-Standort für Berlin sein?

Der rbb berichtet, dass letzte Woche der Neubau eines Rechenzentrums bei Berlin, in Märkisch Oderland gescheitert ist. Es soll sich dabei um ein Cloud-Rechenzentrum von Alphabet bzw. Google handeln.

„Dadurch hätte das Zentrum mit 1,3 Millionen Kubikmeter pro Jahr ähnlich viel Wasser verbraucht wie die Tesla-Fabrik im nahen Grünheide.“

Der örtliche Wasserverband Strausberg-Erkner hat das Projekt gekippt. Grund ist die Wasserknappheit in Ostbrandenburg. Für den angedachten Standort Neuenhagen sprach die Nähe zu Berlin und eine hier verlaufende Starkstromleitung.

Als ich das gelesen habe, hatte ich sofort die Idee, dass sich Neustrelitz als Standort anbieten sollte. Auch das Wirtschaftsministerium bzw. Ministerpräsidentin Schwesig können sich hier einschalten. Ich erinnerte mich daran, dass auch Tesla bei der Standortsuche in Mecklenburg-Vorpommern vorbeigesehen hat. Es konnte kurzfristig kein genügend großes Areal aufgetrieben werden. Ministerpräsidentin Schwesig wurde nicht durch das Wirtschaftsministerium informiert. Die Sache hätte vielleicht anders laufen können. Diesmal sollte so eine Chance nicht vertan werden…

Neustrelitz ist relativ Berlin-nah, Wasser sollte hier nicht allzu knapp sein, und eine Starkstromleitung verläuft auch an der Stadt vorbei, gut versteckt im Wald.

Wie ich dann herausfand ist es wahrscheinlich dieselbe Höchstspannungsleitung. Sie hat eine sehr hohe Kapazität und führt von der Ostsee (Lubmin bei Greifswald) an den östlichen Rand von Berlin. Sie sollte sicher das geplante Kernkraftwerk mit Ost-Berlin verbinden. Heute transportiert es Windstrom aus Vorpommern in die Metropole. Strom wäre also auch in Neustrelitz genug vorhanden, sogar näher an der Erzeugung. Und Erneuerbar sowieso.

Wie und Wo genau?

Für die nötigen Fachkräfte zu sorgen wäre eine Aufgabe der Landesregierung. Das ergibt sich aus den Zielen bezüglich Unternehmensansiedlungen. Wer Industrie ansiedeln möchte, der muss auch einen Plan haben wie die Fachkräfte „besorgt“ werden. Das Wirtschaftsministerium wäre hier gefragt. Dass solche Arbeitsplätze in der südlichen Seenplatte zumindest denkbar sind, zeigt auch der Standort des Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR-Standort in Neustrelitz: 110 Mitarbeiter, für das Rechenzentrum werden 100 geschätzt). Generell: in Neustrelitz kann man nicht nur wohnen, sondern auch von Berlin einpendeln.

Es soll ein „grünes Gewerbegebiet“ in Neustrelitz entstehen. Das sollte genug Platz bieten. Durch das angrenzende Biomasseheizkraftwerk sind auch Kopplungen mit dem Fernwärmenetz denkbar. Hier könnte Abwärme genutzt werden. Der Wasserverbrauch in Brandenburg würde 1,3 Millionen Kubikmeter/Jahr betragen. Die Stadtwerke hätten hier eine Aussage treffen sollen, ob das möglich ist. (Allerdings: In Anbetracht dessen, dass generell Unternehmensansiedlungen in Neustrelitz gewünscht sind, dürfte auch die Wasserversorgung zukunftsfähig sein).

Hier soll das „Grüne Gewerbegebiet“ entstehen.

Die Emailadressen in Schwerin und Neustrelitz hatte ich schon rausgesucht

Die Emailadressen von Wirtschaftsministerium, Staatskanzlei (Ministerpräsidentin), Stadtwerke Neustrelitz und dem Bürgermeister als Chef der Verwaltung hatte ich schon rausgesucht. Ich wollte an alle eine Email schreiben und diese auch öffentlich machen. (Öffentlichkeit treibt die Dinge oft an). Kontakt zu Google könnte man irgendwie auch herstellen.

Es galt für mich noch eine Sache nachzuprüfen:

Ist Neustrelitz nah genug?

Zwar ist mir bekannt, dass die Entfernung zwischen Rechenzentrum und Verbrauchern eine Rolle spielt, aber wie viele Kilometer konkret üblich sind musste ich mir erst einmal ansehen.

Das amerikanische Unternehmen CloudHQ hat in Offenbach ein Rechenzentrum geplant, das durch die dortige Glasfaserverbindung in weniger als einer Millisekunde mit Frankfurt verbunden ist. Zwischen Offenbach und Frankfurt liegen 10 Kilometer.

Auch das Rechenzentrum „BER1“ für Vantage Data Centers liegt 10 Kilometer südlich von Berlin.

(Übrigens scheinen Groß-Rechenzentren gerade wie Pilze aus dem Boden zu schießen.)

Frankfurt/Main. Das Zentrum ist nur 10km vom Rechenzentrum-Standort Offenbach entfernt.

„Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Low Latency (kurze Latenzzeit) ist Nähe. Das heißt: vermeiden, dass Daten um die halbe Welt zu zentralen Serverfarmen geschickt werden, von denen dann eine Antwort retour geht. Denn hier setzt die Physik Grenzen. Via Glasfaser sausen die Daten mit zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit durchs Netz, das sind 200 Kilometer pro Millisekunde. Für Anwendungen, die eine Latenzzeit von rund einer Millisekunde haben sollen, darf das Rechenzentrum also theoretisch maximal 100 Kilometer entfernt sein. Verzögerungen durch zwischengeschaltete Netzelemente und die Datenverarbeitung sind hier noch nicht eingerechnet. Der Schlüssel zu Low Latency ist also, Rechenleistung nicht hunderte von Kilometern vom Nutzer entfernt vorzuhalten, sondern nah bei ihm.“

https://www.telekom.com/de/konzern/details/was-ist-latenz-in-echtzeit-durchs-netz-435638

Der nördliche Rand von Berlin ist etwa 100km von Neustrelitz entfernt. Ins Zentrum sind es 110km. Damit wäre Neustrelitz wohl nur im äußersten Notfall als Standort geeignet. Wenn man schon weit in den Norden gehen würde, dann gäbe es sicher genug Alternativen, die alleine wegen der Kilometer geeignet wären – wenn auch Strom und Wasser schwieriger zu bekommen sind.

Halten wir fest:

Platz, Strom, Wasser [siehe Nachtrag] wäre wohl genug da. Auch die rund 100 Arbeitsplätze würde man irgendwie besetzt bekommen – wenn es auch nicht so leicht wäre. Neustrelitz ist aber technisch gesehen zu weit entfernt, um als Rechenzentrum-Standort für Berlin in Frage zu kommen. 100km sind gegeben. Das ist das Maximum was möglich wäre. Normalerweise sind es 10km. Neustrelitz ist für so eine Ansiedlung also meines Wissens nach nicht geeignet.

Ob nun überhaupt eine extrem geringe Latenz für dieses Rechenzentrum notwendig wäre, ob Neustrelitz genug Wasser hätte, also ob es nicht doch möglich wäre Neustrelitz zum Google-Standort zu machen… Um das kurzfristig in die Wege zu leiten fehlt mir leider ein Stab von Mitarbeitern.

Es war aber durchaus Wert dieser Idee einmal nachzugehen.

Nachtrag:

Ich habe bei Stadtwerken Neustrelitz nachgefragt. Die technischen Anlagen zur Wasserversorgung wären in der Lage einen so hohen zusätzlichen Verbrauch zu decken. Auch dann würde das Grundwasser immer noch genug Reserven für weitere Einwohner und Gewerbe haben. Die Voraussetzung wäre die Erweiterung der Nutzungsgenehmigung zur Grundwasserentnahme. Dass in Neustrelitz beim Wasserverbrauch so gut aufgestellt ist hat historische Gründe. Einerseits hatte die Stadt zu DDR-Zeiten noch wesentlich mehr Einwohner und zusätzlich als Garnisonsstadt der Sowjetarmee einen deutlich höheren Verbrauch. Auch der nie in Betrieb gegangene „Neue Schlachthof“ hätte sehr viel Wasser und Abwasser-Kapazitäten benötigt, die heutzutage nicht genutzt werden.

Möglich ist es also. Dabei ist eine Größenordnung von 1,3 Millionen cbm Wasser/Jahr Verbrauch übrigens gar nicht sicher. Die Zahl deutet darauf hin, dass für die Kühlung der Server die Verdunstungskühlung eingesetzt wird. Diese Technik ist zwar günstig, hat aber eben einen hohen Verbrauch. Es gibt mehrere andere, sparsamere Kühltechniken, die eingesetzt werden könnten. Z.B. eine Luftkühlung, die mit einem geschlossenen Wasserkreislauf arbeitet.

Hier könnten sogar noch bessere Lösungen einsetzen, um die Abwärme direkt zu nutzen. Neustrelitz hat ein Fernwärmenetz. Direkt neben dem neuen „Grünen Gewerbegebiet“ steht das Biomasse-Heizkraftwerk der Stadtwerke. Es dürfte möglich sein, einen weiteren „Wärmeerzeuger“ ohne großen Aufwand an das Fernwärmenetz anzuschließen.

Diese effiziente Nutzung/Kopplung ist die Zukunft im Bereich Energiewende/Wärmewende. Erste Projekte gibt es bereits. Z.B. im Frankfurter Gallusviertel (In und um Frankfurt entstehen sehr viele Rechenzentren, weil es ein zentraler Punkt in der Internetstruktur ist)

„Die geplanten rund 1.300 Neubauwohnungen sowie Gewerbeeinheiten am südwestlichen Rand des Frankfurter Gallusviertels mit einem Jahresbedarf von 4.000 Megawattstunden (MWh) werden künftig zu mindestens 60 Prozent aus der Abwärme des benachbarten Rechenzentrums versorgt“, erläuterte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann. Bis zu 40 Prozent werden durch die umweltschonende Fernwärme aus den hocheffizienten Heizkraftwerken der Mainova ergänzt.

Mit der Hitze, die in den Serverfarmen entsteht, werden wir 3.000 Menschen mit Wärme versorgen – das ist in dieser Größenordnung deutschlandweit einmalig.“

https://www.mainova.de/de/ihre-mainova/presse-und-politik/pressemitteilungen/2021/innovatives-waermekonzept-fuer-frankfurter-wohnquartier-westville-vorgestellt-76622
Biomasse-Heizkraftwerk Neustrelitz (Fernwärme-Erzeugung)

Zusammengefasst:  In Neustrelitz ist erneuerbarer Strom vorhanden (Höchstspannungsleitung in der Nähe).  Die Wasserversorgung wäre auch gewährleistet. Mit Nutzung der Abwärme und Nutzung neuer Kühltechniken würde auch wesentlich weniger bzw. kaum Wasser verbraucht werden.

Außerdem: Wie man in einer Präsentation der Machbarkeitsstudie des Grünen Gewerbegebiet sehen kann liegt direkt an der angrenzenden Bundesstraße ein Anschlusspunkt an das Transeuropäisches Glasfaser-Hochgeschwindigkeitsnetz.

Der Standort ist also eigentlich wie gemacht für ein Groß-Rechenzentrum!
Wenn der Platz ausreicht (das ganze Gewerbegebiet bietet 90.000 m²).

Im Rechenzentrum sollen 100 Mitarbeiter beschäftigt werden. Das sind in etwa so viele wie im DLR-Standort Neustrelitz arbeiten (110). Die hochqualifizierten Arbeitsplätze im DLR konnten auch besetzt werden. Außerdem wird wohl niemand ernsthaft bestreiten, dass der DLR-Standort ein Gewinn für die Stadt ist.

Bleibt letztendlich noch die Frage nach der Entfernung zu Berlin, um die Daten schnell genug „verschicken“ zu können. Hier ist allerdings auch interessant zu wissen, dass Groß-Rechenzentren selbst in Island stehen (wegen dem niedrigen Kühlaufwand). Im Hinblick auf 5G, autonomes Fahren etc. wäre es für die Seenplatte selbst nicht schlecht schnell angebunden zu sein und nicht auf Berliner Digital-Infrastrukturen angewiesen zu sein.

Höchstspannungsleitung hier bei Alt-Strelitz

In Anbetracht dessen lohnt sich vielleicht doch mal Google oder das Wirtschaftsministerium in Schwerin anzuschreiben. Da hat man vielleicht die Möglichkeiten die entsprechenden Stellen bei Google zu kontaktieren. Gute, hochqualifizierte Arbeitsplätze, mit erneuerbarer Energie gespeist und in einem innovativen Zukunftsbereich… Das sollte doch die Regierung interessieren. Auf jeden Fall ist es sinnvoller als Steuergeld nach Honkong zu schicken.

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Bauprojekte und Stadtentwicklung Neustrelitz

Neue Theaterwerkstatt Neustrelitz

In der Theaterwerkstatt werden Bühnenbilder für die Theatervorstellungen der Theater- und Orchester GmbH hergestellt. Bisher waren die Werkstätten in alten, provisorischen Gebäuden untergebracht. Schlosser, Tischler, Maler, Kascheure und Dekorateure sollen im neuen Areal bessere Arbeitsbedingungen bekommen. Außerdem werden die Gewerke hier unter einem Dach vereint.

Eine rund 1000 Quadratmeter große Halle mit Werkstätten sowie Büro- und Lagerräumen.  Mit Verladerampen, Umfahrung, Grünanlagen und Ausgleichsflächen beträgt die Gesamtfläche des Areals rund 4.500 Quadratmeter.

Die Grundsteinlegung war am 24.11.2020. Die Fertigstellung ist für Spätsommer 2021 geplant.

Es wurden 3,1 Millionen Euro investiert, mit Hilfe des Landes und der Kommunen.

Die Theatergesellschaft „Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg / Neustrelitz“ (kurz TOG) ist ein Theater mit Spielstätten in Neubrandenburg und Neustrelitz. Dazu gehören das „Landestheater Neustrelitz“, das Schauspielhaus Neubrandenburg und die Konzertkirche Neubrandenburg. Als Mehrspartentheater bietet es Schauspiel, Musiktheater und betreibt die Neubrandenburger Philharmonie. In Vor-Corona-Zeiten gab es bis zu 120 000 Besucher je Spielzeit.

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Neustrelitz Orte des Verfalls Stadtbild

Orte des Verfalls: Innenstadt-Zierker Straße

Die Zierker Straße, der Hauptweg vom Zentrum Richtung Norden. Hier prägen noch einige Gebäude mit Verfallserscheinungen das Stadtbild.

Zierker Straße 61

Leeres, verfallenes Gebäude. An der Straßenfassade ist der äußere Putz entfernt und kleine Sicherungen mit Metallbändern sind zu erkennen (gesehen am 6.10.2021). Das deutet darauf hin, dass es nicht komplett sich selbst überlassen ist.

Zierker Straße 57 und 58

Leeres, verfallenes Gebäude auf dem noch die alten Antennen aus DDR-Zeiten zu sehen sind. Doppelgebäude, links ist die Nummer 57, rechts die 58. Sehr stark sanierungsbedürftig. In der Nr. 57 befand sich ein kleines Geschäft. Die Tür dorthin war im Frühjahr noch teilweise zerstört, Stand 6.10.2021 mit eine Spanplatte gesichert. Notdürftige Sicherungsmaßnahmen finden also statt. Aus meiner Erinnerung: Etwa im Jahr 2018 stand eine der beiden Hausnummern für ca. 70.000 Euro zum Verkauf. Bei dem Sanierungsbedarf dieses wahrscheinlich denkmalgeschützten Gebäudes war das aber eher ein symbolischer Preis.

Straßensicht der unsanierten Zierker Straße 58
Straßensicht der unsanierten Zierker Straße 57 (linke Hälfte) und 58 (rechte Hälfte)

Zierker Straße 56

Verfallenes Gebäude, das zur Straße in eingerüstet ist (erstmalig gesehen am 31.5.2021). Im Innenhof sieht man, die Baustelle. Am Altbau läuft anscheinend die Entkernung. Auf der Rückseite, zur Mühlenstraße hin wird gerade ein Neubau errichtet. (Ich bin mir nicht sicher, aber möglicherweise gehört der Rückwärtige Neubau zum Gesamtobjekt)

Zierker Straße 56, Straßenfront am 6.10.2021

Zierker Straße 43 (Bauruine)

Bauruine, an der keine Aktivität zu sehen ist. Schade, dass es hier scheinbar nicht weitergeht. Das Gebäude wirkt leider auch etwas deplaziert. Es passt nicht zwischen die Nebengebäude, so bildet es keinen Abschluss zum Dach des mehrgeschossigen Nebengebäude rechts. Außerdem wirken die Dachgauben und der Mittelteil (weiß leider nicht wie das baulich bezeichnet wird) für das Gebäude überproportional groß.

Als Neubau im Außenbereich oder in einem Dorf würde es außergewöhnlich gut passen. An dieser Stelle in der Zierker Straße passt es definitiv nicht richtig ins Stadtbild.

Zierker Straße 43 Umfeld
Zierker Straße 43 Umfeld

Zierker Straße 24

Vorgebäude, sieht nicht genutzt aus. Unsanierte Fassade. Allerdings ist das Dach neu.

Zierker Straße 24 Straßensicht unsanierte Fassade
Zierker Straße 24 Straßensicht unsanierte Fassade

Zierker Straße 47 (Baulücke)

Leeres Grundstück. Bis vor kurzem stand hier noch ein kleineres baufälliges Gebäude. Hier ist zu erwarten, dass in absehbarer Zeit ein Bauprojekt starten wird. Als Baulücke stellt es aber einen Ort des Verfalls dar.

Zierker Straße 47 als Baulücke

Zierker Straße 32b (Baulücke)

Hier ist zu erwarten, dass in absehbarer Zeit ein Bauprojekt starten wird. Als Baulücke stellt es aber einen Ort des Verfalls dar.

Baulücke in der Zierker Straße 32b am 31.05.2021
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Politik & Medien Politik Mecklenburg-Vorpommern

Analyse Sommerinterviews zur Landtagswahl MV 2021

Mein Kommentar zum ndr Sommerinterview mit Frau Schwesig zur Landtagswahl 2021 in Mecklenburg-Vorpommern.

Teil 1
Teil 2

In meinen Videos reagiere ich direkt auf das gesagte.

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Orte des Verfalls: Innenstadt-Schlossstraße

Die Schlossstraße in Neustrelitz ist sicher einmal als Prachtstraße angedacht gewesen. Eine lange Zeit war sie das auch. Die Gebäude aus dieser Zeit stehen fast alle auch noch. Dennoch ist die Straße heute vor Allem durch Verfall geprägt. Es gibt auch positive Entwicklungen wie das Kulturquartier in der alten Post und demnächst die Ehrenamtsstiftung im Carolinenpalais. Sie bleibt aber die am schwersten durch die Zeit getroffene Straße in der Innenstadt. Hier stelle ich die Schlosstraße 5, Schlosstraße 6 und Schlosstraße 14 vor.

Schlosstraße 5

Baujahr 1885 steht oben am Portal. Also klassische Gründerzeit. Die heutige Fassade wirkt schlicht, aber auch prächtig. Ich frage mich, ob sie beim Bau auch schon so wenig Details hatte. Der braun-graue Putz heute lässt das Gebäude hässlich erscheinen. Es wäre aber nach einer Sanierung ein sehr ansehnliches Gebäude, das man durchaus in einer Schlossstraße erwarten kann.

Schlossstraße 6

Die Schlosstraße 6, mit seinem Innenhof und dem Hofgebäude ist wohl der interessanteste Ort des Verfalls in der Schlossstraße. Das liegt auch daran, dass man hier lange Zeit einfach in den Innenhof gehen konnte.

(Das Gebäude steht gerade am Anfang einer Totalsanierung. Meinen Beitrag hier werde ich bald aktualisieren)

Das Gebäude wurde 1738 gebaut. Es stammt also aus den allerersten Jahren der Stadtgründung. Gegen Ende des 19 Jahrhunderts wurde es umgebaut. Ich schätze, dass es vor Allem Innen umgebaut wurde und die Straßenfassade nicht sehr verändert wurde. Zu DDR-Zeiten gab es sicher viele separate Wohnungen im Gebäude. Das bemerkt man an den vielen einzelnen Bädern und Kachelöfen. Im ehemals herrschaftlichen Haus wurden in der Nachkriegszeit improvisierte Wohnungen hergerichtet. Das kenne ich bereits von Gutshäusern in den Dörfern. Nach der Wende Leerstand. Der Verein des „Kunsthauses“ wurde hier gegründet. Dieser ist aber mittlerweile in die Schlossstraße 2 umgezogen. (Dieses Gebäude wirkt auch wie ein Kandidat für diese Seite, ist aber in Nutzung – deshalb steht es nicht hier). Das Hauptgebäude der Schlossstraße 6 steht voller Gerümpel, ist teils schmutzig, man kann sich aber leicht bewegen. Das Nebengebäude im Hof ist in einem extrem schlechten Zustand. Das Dach ist teils abgedeckt, das Holz verrottet und Decken sind teils schon eingestürzt.

Aktualisierung vom August 2021: Stand Juni 2021 war der Eigentümer der Gebäude, wohl im Ausland, nicht kontaktierbar. Ihr Zustand schadet der Attraktivität der Stadt. Es gab keine Handhabe daran etwas zu ändern, Briefe von Behörden wurden lediglich in den halboffenen, zerstörten Briefkasten gesteckt. Anfang August 2021 tut sich etwas auf dem Gelände: Es wurde ein Tor eingebaut, dass den Innenhof zur Straße hin absperrt. Ich habe am 4.8. einen arbeitenden Bagger auf dem Innenhof gesehen. Am 9.8. war durch die Fenster zur Straße hin zu sehen, dass der Sperr- und sonstige Müll im Inneren ausgeräumt wurde!

Die Innenaufnahmen sind im Juni 2021 entstanden, als Grundstück und Gebäude verlassen und ungesichert Gebäude waren. Mittlerweile ist die Situation anders.

Schlossstraße 14

Ein zweistöckiges Gebäude, das direkt neben dem Kulturquartier steht. Es wirkt behäbig, plump, wie ein massiver Stein. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Fassade strukturiert. Möglicherweise verbirgt sich hinter dem Putz mutmaßlich aus DDR-Zeiten noch die alte Fassade. Auf den alten Ansichten sollte man sich allein den Torbogen rechts neben dem Gebäude ansehen! Es befand sich in dem Gebäude der „Hofphotograph C. Wolff“, auch „Buchdruckerei“ kann auf einer alten Ansichtskarte erkennen.

Schlossstraße 14, Straßenseite im Mai 2021
Alte Ansicht der Schlosstraße
Colorierte Gesamtansicht der Schlossstraße Anfang des 20. Jhd. rechts die Nummer 14

Was ich für meine Seite recherchiere, erkunde und veröffentliche mache ich aus privatem Interesse. Dieses Interesse ist aber auch Auslöser dafür, dass ich Stadtführungen in Neustrelitz anbiete.

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Orte des Verfalls: Übersicht

Verfallene Orte haben zwei Aspekte. Zum Einen sind sie ein Missstand. Mitten in einer Stadt zeigen sie an, dass etwas nicht stimmt und im wahrsten Sinne des Wortes faul ist. Anstatt Leben gibt es da Zersetzung und Niedergang. Zum Anderen aber sind es auch besondere Orte mit eigener Ästhetik und Faszination. Sie sind weder üblich genutzte Orte noch reine Siedlungsreste. Sie sind ein „undefinierter Zwischenzustand“.

Ich interessiere mich für beide Aspekte und möchte im Sinne meines Neustrelitz-Monitors eine Übersicht schaffen über diese Orte in Neustrelitz. Sei es die Schlossstraße, Sassenstraße, die ehemalige Bahnberufsschule, oder der Große Spiegelberg. Ob ungenutzer Raum, allgemeines Stadtbild oder Denkmalschutz. Das Thema ist für Neustrelitz sehr relevant.

bisher beschriebene Gebäude und Bereiche

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Zierker See: Sanierung und Restaurierung

Das Problem mit dem See

Der Zierker See prägt Neustrelitz auf verschiedenen Ebenen wesentlich. Nicht nur heute ist es angenehm an einem See zu wohnen. Die natürliche Landschaft hatte dazu beigetragen, dass die Stadt zwischen Zierker und Glambecker See gegründet wurde. Auch beim Wassersport und Tourismus hat die Stadt dem See Einiges zu verdanken.

Leider hat die Stadt dem See wiederum nicht gut getan. Er ist heute ein Problemfall und weit von einem natürlichen Zustand entfernt. Zwar ist er von Natur aus ein Flachwassersee, jedoch ist die heutige Wassertiefe von durchschnittlich 1,6m eine Folge menschlicher Eingriffe. Auch wenn der Zierker See im natürlichen Zustand trüb und nicht klar ist, ist er heute besonders schlammig. In ihm gibt es zu viele Nährstoffe, das ökologische Gleichgewicht ist gestört. Zum Baden ist der Zierker See seit einigen Jahrzehnten ungeeignet.

Ursache und Lösung

Am Anfang der menschlichen Einflüsse stand der Bau des Kammerkanals 1843, der den Seespiegel abgesenkt hat. Später gab es einen zu hohen Nährstoffeintrag. Einerseits durch Düngereinsatz in der Landwirtschaft, andererseits durch städtisches Abwasser. So wurde das Abwasser der Stadt anfangs ungeklärt in den See eingeleitet und erst 1970 gab es erste Maßnahmen an der städtischen Kläranlage. Die Wasserqualität verschlechterte sich jedoch immer weiter.

Die Stadt versucht diesem Problem der Euthropierung, Nährstoffanreicherung in einem Ökosystem, seit den 1990ern verstärkt zu begegnen. Es soll die Wasserqualität erhöht und der natürliche Zustand wieder hergestellt werden.

Im kleinen „Hafenbecken“ an der weißen Brücke sieht man es besonders gut

Was ist Seentherapie?

Als Seentherapie werden Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustandes von Seen zusammengefasst. Wenn in den Medien über den Zierker See berichtet wird findet man einerseits den Begriff „Sanierung“ und anderseits den Begriff der „Restaurierung“. Laut Wikipedia sind beides Teilgebiete der Seentherapie. Dabei bezeichnet die Sanierung von Seen Maßnahmen außerhalb des Sees, um ihn von schädlichen Einflüssen zu entlasten (z.B. Verbesserungen der städtischen Abwasserklärung). Bei der „Restaurierung“ geht es im Maßnahmen innerhalb des Sees (Bestandsregulierung von bestimmten Pflanzen  und Tieren, Schlamm ausbaggern).

Dabei macht es Sinn zuerst mit der Sanierung zu beginnen, also zu verhindern, dass überhaupt zu viele Nährstoffe in den See gelangen, bevor man mit der Restaurierung die Folgen beseitigt. Am Zierker See wird beides gemacht, es gibt Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen.

Maßnahmenüberblick

bereits erfolgt:

  • Abwasserklärung der Stadt verbessern (Kläranlage, Abwassersystem), damit weniger Nährstoffe eingetragen werden. 1993 wurde eine neue Kläranlage fertiggestellt. 2005 wurde eine Versickerungsanlage für geklärte Abwässer gebaut. Das Kanalnetz wurde saniert und ein Regenrückhaltebecken gebaut.
  • Pflanzen und Fische (biologische Änderungen, Entnahme und Besatz bestimmter Arten). So wurden 2016-2020 Silber- und Marmorkarpfen abgefischt.

Angedachte Maßnahmen:

  • weitere biologischen Änderungen erfolgen (Entnahme von Schlamm aufwirbelnden Gras- und Silberkarpfen, Einsetzen von wasserfilternden Muschelkulturen und einen vor Fischen geschützten Bereich für Wasserpflanzen)
  • Polder-Flächen im nordwestlichen Uferbereich renaturiert werden (Ein Polder ist ein eingedeichtes niedrig gelegenes Gelände in der Nähe von Gewässern. Im Falle des Zierker Sees ist es der Polder Torwitz, der durch Entwässerungsgräben und ein Schöpfwerk zur Ableitung des Wassers künstlich angelegt ist.)
  • Nährstoffeinträge reduziert werden (wenn klar ist woher die Nährstoffeinträge stammen)
  • Phosphatfällungen eingesetzt werden (falls die anderen Maßnahmen nicht wie gewünscht wirken)

[Phosphatfällungen waren schon in der Vergangenheit angedacht, jedoch gab Befürchtungen, dass dies dem Fischbestand schaden könnte. Die zuständigen Behörden erteilten keine Genehmigung. Diese Bedenken werden von Seiten des Landes aber mittlerweile als wissenschaftlich unbegründet abgewiesen.]

verworfene Ideen

  • Entschlämmung, das Herausholen von großen Mengen Schlamm aus dem See (Das Ausbaggern von Seen hat sich in anderen Seetherapien als nicht zielführend herausgestellt)
  • Ausbaggerung Kammerkanal (im Rahmen einer Bundeswasserstraßensanierung). Hiervon ist aber momentan keine Rede.
  • Weiteres wurde vom Land erwogen, aber ist momentan nicht im Maßnahmenpaket enthalten, wie z.B. die Anstauung des Sees um 20 Zentimeter bis hin zu einem geänderten Schleusenmanagement

Ziele

Ziel ist die Senkung der Nährstoffeinträge bzw. die Phosphor-Konzentration im See. Dazu sollen der Eintrag von Phosphor in den See von jetzt jährlich 600kg auf höchstens 500kg gesenkt werden. Hier muss aber noch erforscht werden woher der übermäßige Phosphor-Zufluss eigentlich stammt.

Daneben soll die Sichttiefe erhöht werden.

Eine kurze Geschichte der Therapie des Zierker Sees

In den vergangenen Jahrhunderten wurde immer wieder in den See eingegriffen. Durch Landgewinnung und den Bau des Kammerkanals hat sich der Wasserspiegel immer weiter abgesenkt. Durch Nährstoffeinflüsse und vor allem die ungeklärte Einleitung von Abwasser (bis 1970) hat sich die Wasserqualität sehr verschlechtert. Seit den 80ern ist er kein Badesee mehr.

In den 1990ern war angedacht Schlamm aus dem See zu holen. Das konnte jedoch nicht finanziert werden. Bereits im Jahr 2000 wurde eine Studie zum Wasserhaushalt, Maßnahmen zur Nährstoffreduktion und einer möglichen Ausbaggerung erstellt. (Ich vermute, dass diese die Grundlage für die Maßnahmen bis 2020 war)

Man hat mit einer Reihe von „einfachen“ Maßnahmen versucht die Wasserqualität in den Griff zu bekommen. Bauliche und technische Änderungen am Abwassersystem sind erfolgt. Eine Maschine oder Anlage lässt sich planen und umbauen. Man braucht technisches Know-How, Geld und Arbeit. Sie funktioniert dann besser. Einen See als organisches System zu verändern ist dagegen eine langwierige, unsichere Angelegenheit. Es wurden Pflanzen und Fische dem See entnommen. Ob genau das erfolgreich war lässt sich kaum messen.

Ende 2020 wurde klar, dass die Maßnahmen, die die Stadt in den letzten Jahren durchgeführt hatte zwar eine leichte Verbesserung der Wasserqualität zur Folge hatten, es jedoch nicht ausreichte. Es sind bereits Fördermittel des Landes eingesetzt worden, jedoch wurde das Land Mecklenburg-Vorpommern nun direkt um Hilfe gebeten. Eine Projektgruppe des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt entwickelte weitere Maßnahmen.

Am 5. August 2021, in einer außerordentlichen Stadtvertretersitzung verkündete Landesminister Backhaus folgendes: Das Land wird eine Sanierung des Sees zu 100% fördern. Konkrete Maßnahmen müssen aber erst noch entwickelt werden. Durch Erfahrungen mit anderen Seesanierungen verspricht das Ausbaggern keine Erfolge, es wird voraussichtlich auf Phosphatfällungen und biologische Maßnahmen hinauslaufen. Im Prinzip war das nichts Neues. Es wurde nur das konkrete Jahr 2027 als Zielmarke genannt, da dieses durch eine EU-Richtlinie zum Gewässerschutz vorgegeben ist. Die Stadt Neustrelitz muss das Projekt anschieben (am wichtigsten: Einen Projektleiter suchen), wird aber keine Kosten tragen müssen.

Im September 2021 wurde die Vereinbarung zwischen Land MV und Stadt Neustrelitz unterschrieben. Die Stadt wird Studien beauftragen, damit ein Maßnahmenpaket erstellt und umgesetzt wird. Das Land wird alle Kosten übernehmen.

Es sollte also ein neuer Anlauf folgen, um die Wasserqualität des Zierker Sees zu verbessern. Antrieb und Finanzierung kommen letztlich von außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie schreibt vor, dass Gewässer in der EU spätestens 2027 in einem guten ökologischen und chemischen Zustand sein müssen. Das Geld dafür kommt zum größten Teil auch aus EU-Mitteln (75%) und Bundesmitteln (15%) und nur 10% aus MV, wie eine Landtagsanfrage ergab.

Im folgenden Jahr 2022 gab es offensichtlich keine wirksame Bearbeitung des Projektes durch die Stadtverwaltung Neustrelitz. Scheinbar gab es vorbereitende Gespräche mit Landesbehörden über den Start von Studien. Diese Untersuchungen wurden aber nicht begonnen. Erst im Januar 2023 gab es Schritte für eine Beauftragung der Untersuchungen (Beratungen im Bauausschuss der Stadtvertretung). Letztlich ist nach der rein bürokratischen Vereinbarung zwischen Bundesland und Stadt, die wenige Tage vor der Landtagswahl 2021 stattfand, eineinhalb Jahre nichts passiert. (Stand Anfang 2023)

Das Land Mecklenburg-Vorpommern geht davon aus, dass teilweise auch 2027 nicht alle Gewässer des Landes den vorgeschriebenen Zustand erreichen. Es bleibt für den Zierker See zu hoffen, dass der Zeitdruck und die finanziellen Mittel aus EU und Bund in den nächsten Jahren das erreichen, was Stadt und Bundesland in den letzten 30 Jahren nur unzureichend geschafft haben.

Trotz der Umweltprobleme bietet der See einen schönen Anblick. Außerdem bekommt man keine gesundheitlichen Probleme wenn man doch einmal ins Wasser fällt.

Diesen Beitrag habe ich am 27.5.2021 veröffentlicht und zuletzt am 17.3.2023 aktualisiert.

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Neustrelitz Stadtgesellschaft, Debatten und Meinung

Die Vertretung von Neustrelitz im Landtag

Die Stadt Neustrelitz wird politisch auf mehreren unterschiedlichen Ebenen vertreten. Zum Einen gibt es Abgeordnete im Landtag in Schwerin. Die Vertretung im Bundestag in Berlin ist eine weitere Ebene. Man kann bis ins EU-Parlament gehen.

Wer vertritt Neustrelitz im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern?

Neustrelitz liegt im Landtagswahlkreis Nr. 21.

Zur Zeit wird das Direktmandat im Landtag von Andreas Butzki (SPD) gehalten. Link zur Seite des Landtages.

Bereits seit 1990 sitzt er in der Stadtvertretung von Neustrelitz. Seit 2011 im Landtag und seit 2014 im Kreistag. Daneben sitzt er in diversen Aufsichtsräten, Beiräten, Vereinen und Verbänden.

Wahlwerbung zur Landtagswahl 2021 Andreas Butzki

In welchem Landtagswahlkreis liegt Neustrelitz?

Neustrelitz liegt im Wahlkreis 21 mit dem Namen „Mecklenburgische Seenplatte IV“. Er umfasst die Stadt Neustrelitz, die Gemeinde Feldberger Seenlandschaft, das Amt Mecklenburgische Kleinseenplatte und das Amt Neustrelitz-Land.

Zu den Landtagswahlen 2021

Wer waren die Direktkandidaten zur Landtagswahl 2021?

Andreas Butzki – SPD
Mitglied des Landtags seit 2011, ursprünglicher Beruf: Lehrer und Schulleiter, 61 Jahre
https://www.andreas-butzki.de/

Andrea Apmann – CDU
berufstätige Mutter von 3 Kindern in Neustrelitz, 54 Jahre
https://www.andrea-apmann.de/

Horst Förster – AfD
Mitglied des Landtages, ehemaliger Richter (ist über die Landesliste in den Landtag eingezogen)

Martin Henze – Linkspartei
Notfallsanitäter beim DRK, Hobbyimker, 40 Jahre

Friederike Fiß – Grüne
Ärztin, Ortsverbandssprecherin der Neustrelitzer GRÜNEN, 33 Jahre

Direktkandidaten der FDP: Christoph Stitz, Freie Wähler: Thomas Pfitzner, dieBasis: Johanna Otte

Dazu sitzt Torsten Kopelin (Linkspartei), der in Neustrelitz sein Wahlkreisbüro hat, im Schweriner Landtag. Er ist über die Linkspartei-Landesliste eingezogen.


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Bauprojekte und Stadtentwicklung Neustrelitz

Restaurierung der Orangerie

Das Projekt

Im Rahmen der denkmalgerechten Wiederherstellung des gesamten Schlossgarten-Areals wird auch die Orangerie instandgesetzt. Das Gebäude war ursprünglich eine Orangerie, ist aber vor nun etwa 180 Jahren zu einer Art Sommerresidenz und Veranstaltungsort umgebaut worden. Die Räume sind in den Zeiten des Großherzogtums besonders reich ausgestattet. In heutigen Zeiten ist es Restaurant und immer noch Veranstaltungsort.

Die auffälligste Veränderung ist die Entfernung eines Anbaus, der in den 1970ern benötigt wurde. Dadurch erhält das Gebäude seine historische Form wieder. Die Form, die sich der Baumeister beim Umbau der alten Orangerie erdacht hat, denn auch die Nutzung ist heute ähnlich. Mit dem Unterschied, dass der Ort nicht nur der herzoglichen Familie und ihren Gästen vorbehalten ist, sondern für Jedermann.

Zur Sanierung im Inneren lässt sich sagen, dass sie sehr umfangreich ist. Fotos aus dem Inneren lassen kaum erkennen, welches Gebäude es ist. Der Boden wird komplett ersetzt. Wände und Decken sind umkleidet, damit sie keinen Schaden nehmen. Skulpturen wurden nach Berlin zur Restauration geschickt. Andere sind in Neubrandenburg eingelagert.

TrägerLand Mecklenburg-Vorpommern
(Kostenschätzungen mehrfach erhöht, Stand Ende 2023 wird mit 10 Millionen Euro gerechnet, fast alle Kosten werden durch einen EU-Fonds finanziert)
Standim Bau
Baubeginn2020
Ende der BauarbeitenAnfang 2024 (Abschluss der Arbeiten mehrfach verschoben)

Eindrücke

Rückseite im Juni 2020, schon mit Bauzaun
Vorplatz zur Stadtseite. Juni 2020
April 2021
April 2021, abgerissener Anbau aus den 70ern
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Neustrelitz Stadtgesellschaft, Debatten und Meinung

Meinung zum Projekt Schwimmhalle Neustrelitz

Symbolbild Schwimmhalle

Dies ist mein Beitrag zur Diskussion um den möglichen Bau einer Schwimmhalle in Neustrelitz. Den Artikel, der das Projekt und seinen Stand beschreibt gibt es hier in meinem Neustrelitz-Monitor.

Eine große Sache für eine kleine Stadt

An Anklam, Neubrandenburg, Dargun und Waren sieht man, dass die Idee eine Schwimmhalle zu bauen zur Zeit nicht außergewöhnlich oder innovativ ist. Trotzdem beschäftigt das Projekt die Neustrelitzer Stadtpolitik bereits und wird sie auch in Zukunft intensiv in Beschlag nehmen. Es sind jahrelange Diskussionen um Standorte, Machbarkeitsstudien, Kosten und Fördermittel zu erwarten, denn das Projekt ist nicht klein. Es geht hier um voraussichtlich ca. 10 Millionen Euro Baukosten und man dürfte dauerhaft hunderttausende Euro jährlich Kosten für den Stadthaushalt erwarten.

Es spricht nichts dagegen die Machbarkeit einer funktionalen Schwimmhalle für Vereine, Institutionen oder Schulen zu prüfen. Aber mir scheint, dass es hier nicht nur um Sachfragen geht.

abgeguckt?

In Anklam und Neubrandenburg braucht es Ersatz für eine bestehende alte Schwimmhalle. Der Bedarf ist also da und der Betrieb erprobt. Die Träger der Halle wechseln einfach nur Gebäude und Standort. Dargun und Waren liegen aber anders. In Dargun mit seinen knapp 5.000 Einwohnern wollte man wissen, ob eine kleine Schwimmhalle möglich wäre. Die Kosten waren aber zu hoch. In Waren gibt es bisher auch keine Vereins- und Schulschwimmhalle, aber mit der Müritztherme in Röbel eine nahe gelegene Alternative.

Was ist wohl der Grund dafür, dass der Schwimmhallen-Bau in der näheren und weiteren Umgebung von Neustrelitz gerade Konjunktur hat? Warum erfolgt das alles zeitgleich in den letzten Jahren? Gibt es eine gegenseitige Inspiration – oder anders ausgedrückt: Machen Viele das Gleiche, weil nichts Besseres für die Stadtentwicklung einfällt?

Nachvollziehbar sind Ersatzinvestitionen für Hallen aus den 1960ern bis 1980ern. Die werden jetzt, etwa 30-40 Jahre später eben sanierungsbedürftig. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Rostocker Eis- und Schwimmhalle (Oktober 2020 Neubaupläne).

Nutzen

Dort, wo sich eine Stadt zum ersten Mal überhaupt eine städtische Schwimmhalle zulegen möchte sieht die Sache aber anders aus. Es stellt sich die Frage, ob es plötzlich neuen Bedarf gibt oder ob ein schon lange bestehender Bedarf jahrelang ignoriert wurde.

In Neustrelitz wird von den Befürwortern argumentiert, dass ein Ort für Vereins- oder Schulsport schon lange benötigt wird. Warum wurde dann aber der Antrag erst Anfang 2019 gestellt? Die potenziellen Nutzer wie Schulen oder Wassersportler gibt es nicht erst seit Kurzem. Zumal in der Seenplatte die Städte vor Jahrzehnten mehr Einwohner hatten und die Betriebskosten für so eine Halle heute kaum günstiger sein werden als vor 5 oder 10 Jahren. Was hat sich also im Vergleich zu den Vorjahren geändert, außer dass in mehreren anderen Städten Schwimmhallen diskutiert und geplant wurden?

Fördermittel?

Vielleicht hat die Welt der Fördermittel-Programme aus Land, Bund und EU hat etwas hervorgebracht, was man für Schwimmhallen einsetzen kann. Man liest von 45-90% Förderung der Bausumme. Jedoch habe ich in der Presse von keiner besonderen MV-Landesförderung für Schwimmhallen gelesen.

Auf Bundesebene wurde erst im Februar 2020 ein milliardenschweres Programm zur Sanierung von Sportstätten, insbesondere Hallen- und Freibäder angekündigt. Der Grund ist das Hallen- und Freibadsterben. Laut DLRG schließen jährlich etwa 80 Hallen- und Freibäder in Deutschland. Woanders ist meist der Erhalt von bestehenden städtischen Schwimmhallen das Thema. Nach einer kurzen Recherche sieht man, dass deutschlandweit Schwimmhallen-Neubauten üblicherweise Ersatz für bestehende Gebäude sind.

Ein passendes Vorbild bei den Kosten?

Fördermittel und Baukosten sind für mich aber gar nicht das Ausschlaggebende. Was wirklich im Fokus liegen sollte sind die jährlichen Zuschüsse, die die Stadt aus dem Haushalt bestreiten müsste. Eintrittsgelder reichen für den laufenden Betrieb einer Schwimmhalle jedenfalls nicht aus.

Für Neustrelitz habe ich den Zuschuss geschätzt. Zugegeben grob laienhaft, aber ausgehend von realen Zahlen der Kostenanalysen von Dargun und Waren.

In Dargun wurden 220.000 € als städtischer Zuschuss erwartet, für eine kleine Halle. In Waren würden für die kleine Variante Betriebskosten von 750.000€ anfallen, während Einnahmen von 250.000€ erwartet werden. Der Rest wäre ein Zuschuss durch die Stadt Waren von 500.000€. Beides sind zeitlich aktuelle Schätzungen und Preisniveau und technischer Standard dürften gleich sein. Deshalb nehme ich an, dass auch in Neustrelitz ein Zuschuss von etwa einer halben Million € jedes Jahr realistisch ist.

Darauf kommen dann natürlich noch ein paar hunderttausend Euro an Kredittilgung für den Eigenanteil der Stadt. Und darauf wiederum Nutzungsgebühren für die Vereine und Eintritt für die Neustrelitzer Bürger ganz direkt.

Zum Vergleich: Eine halbe Million Euro ist die Hälfte von dem, was die Stadt für den Betrieb des Theaters ausgibt.

Die politische Dimension

Der Antrag wurde durch die SPD-Fraktion eingebracht, unterstützt durch Grüne, FDP und PulS. Zum ersten Mal zur Sprache kam er Anfang 2019. Im Mai 2019 waren Kommunalwahlen in MV und gleichzeitig stand die SPD in den Umfragen auf einem Tiefstand. Ich kann nur spekulieren, aber auf mich wirkt die Schwimmhallen-Idee wie ein schnelles Wahlkampfversprechen. Das Thema ist ja sehr wahlkampftauglich. Welcher Bürger wäre schon dagegen eine nahegelegene Schwimmhalle nutzen zu können? Mit einem Hinweis auf die Kosten im Stadthaushalt lässt sich schwer dagegenhalten. Die sind nun mal abstrakt.

In der Beschlussvorlage für die Stadtvertretung wird auf Anklam als Vorbild verwiesen. Mit einem dortigen Zuschuss von knapp 100.000€. Wie bereits erwähnt geht es in Anklam um Ersatz eines Schwimmhallen-Gebäudes, während sich sonst nicht viel ändert. Ich halte Dargun und Waren für den besseren Vergleich, denn wie in Neustrelitz geht es darum Gebäude + Träger- und Nutzungskonzept völlig neu zu erschaffen. Diesen Aspekt konnte ich in der Beschlussvorlage nicht lesen.

Allein, dass die Machbarkeitsstudie im deutlich kleineren Dargun mit einer kleinen Schwimmhalle einen Zuschuss von 220.000€ verursachen würde, sollte stutzig machen. Immerhin aber wurde derjenige, der 2016 mit der Idee einer Schwimmhalle Wahlkampf gemacht hat, am Ende Darguner Bürgermeister.

Fazit

Ob nun kurzsichtiges Wahlversprechen oder nicht. Die Idee einer Schwimmhalle in Neustrelitz ist grundsätzlich positiv. Schwimmen auch im Winter zu ermöglichen steigert die Lebensqualität in der Stadt. Der Nutzen wäre vorhanden und ich bin offen dafür das Projekt weiter zu verfolgen. Die Machbarkeitsstudie solle aber schnell Klarheiten über die Kosten schaffen. Ich erwarte jedoch die gleiche Offenheit für ein mögliches Einstellen des Projektes, wenn sich zeigt, dass die Kosten den Nutzen übersteigen. Oder wenn das gleiche Geld woanders besser eingesetzt ist.

Mir scheinen die größten Befürworter der Schwimmhalle genau diejenigen zu sein, die sich an anderer Stelle als die größten Skeptiker erweisen. Ich dagegen plädiere für sachliche Argumente.

Übrigens, ich selbst bin Anfang der 2000er Jahre auch im Sportunterricht in Neustrelitz geschwommen. Im Sommer, in der Badeanstalt am Glammi, was ich auch für heutige Schüler zumutbar halte. Schwimmen habe ich schon vorher in einem anderen See gelernt. Ich gebe also gerne zu, dass ich da bezüglich des Schulsport-Arguments ein wenig voreingenommen bin.

Klares Wasser im Glambecker See… Sogar im Hochsommer!
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Bauprojekte und Stadtentwicklung Neustrelitz

Schwimmhalle Neustrelitz

Das Projekt

Es existiert die Idee für den Bau einer Schwimmhalle. In der Stadtvertretung wurde diskutiert und im Oktober 2019 eine Machbarkeitsstudie beschlossen. Mit dieser sollte die Verwaltung die Umsetzbarkeit eines solchen Vorhabens prüfen. Die Studie wurde 2022 veröffentlicht. Aus ihr ging hohe Kosten hervor, weshalb der Bau einer Schwimmhalle in Neustrelitz nicht mehr weiterverfolgt wird.

In der Frühphase des Projektes wurde bei möglichen Nutzern, also Vereinen, Schulen, Bundespolizei der Bedarf angefragt und ein Standort und ein bzw. mehrere Träger gesucht. Als Standorte wurden der freie Platz neben dem Heizkraftwerk und die freie Fläche Ecke Karbe-Wagner-Straße/ Strelitzer Chaussee vorgeschlagen.

Es ging dabei um eine rein funktionale Schwimmhalle, in der Sport betrieben wird. Der Vorteil wäre, dass man eine Möglichkeit im Winter hätte, um Bahnen vor Ort zu schwimmen. Die Alternative zum gesamten Projekt ist, dass Sportler im Winter die Schwimmhallen in Neubrandenburg oder zukünftig womöglich Waren nutzen.

Die Befürworter verwiesen auf Anklam als Vorbild. Dort wurde eine bestehende Schwimmhalle durch einen Neubau ersetzt, doch in Neustrelitz dagegen wäre eine Schwimmhalle eine Neuheit gewesen. Sie sollte hauptsächlich für Schul- und Vereinssport genutzt werden. In der Beschlussvorlage werden die DRK-Wasserwacht, der DLRG, Schulen, Vereine und das Ausbildungszentrum der Bundespolizei genannt, die alle einen Ort für Ihre Schwimmausbildung bräuchten.

Wer die Schwimmhalle betreiben soll und wie dies geschehen soll, bzw. wer die laufenden Kosten tragen war über die ganze Diskussionsphase unklar. Die Befürworter der Schwimmhalle hatten dazu kein Konzept vorgelegt.

Status

BauherrStadt
StandEingefroren
(Machbarkeitsstudie ergab zu hohe Kosten)
Baubeginnnicht absehbar
Ende der BauarbeitenVergleichswert Anklam: etwa 1,5 Jahre Bauzeit

Ähnliche Projekte in anderen Städten in MSE und MV

Während meiner Recherche habe ich bemerkt, dass in der Seenplatte und MV der Neubau von Schwimmhallen zur Zeit im kommunalpolitischen Trend liegt. Die folgenden Projekte sind schon weiter vorangeschritten als in Neustrelitz. Ich stelle sie hier kurz vor, damit man eine Vorstellung davon bekommt, wie Zeit- und Kostenaufwand sein könnten. Auch wenn jede Stadt anders ist kann man hier gewissermaßen auch in die Zukunft sehen.

Anklam

Hier gab hier ein Hin und Her zwischen Sanierung der alten Schwimmhalle und einem Ersatzneubau, inlusive einem Streit mit dem Land um Fördermittel. Im Sommer 2018 fiel die Entscheidung für Neubau und im April 2020 wurde ein Bauvertrag abgeschlossen. Die Baukosten betragen 11 Millionen €, nachdem man lange Zeit von 7,5 Millionen ausgegangen ist. Davon werden 90% durch eine Förderung des Landes getragen (eine ungewöhnlich hohe Rate). Der Bau begann im Mai 2020 und die Eröffnung der neuen Schwimmhalle mit ihren acht 25m-Bahnen ist für Ende 2021 geplant.

Dargun

Erste Überlegungen für eine kleine Schwimmhalle gab es schon Anfang der 2010er Jahre. 2016 ist ein Bürgermeisterkandidat mit diesem Thema im Wahlkampf angetreten. Er gewann. Ende 2019 ergab eine Machbarkeitsstudie, dass jährlich 220.000 € bezuschusst werden müssten. Diese Kosten wären für Dargun zu hoch. Das Projekt wurde eingestellt.

Waren

In Waren wurde für den Schulsport die Schwimmhalle eines Hotels genutzt. Dieses schloss aber im Januar 2015, so dass Forderungen zum Bau einer neuen Schwimmhalle aufkamen. Mitte 2015 wurde durch Stadtvertreter Toralf Schnur ein Bürgerentscheid initiiert. Der fand zwar nicht wie beabsichtigt statt, jedoch war dies der Startpunkt für die spätere Entwicklung. In den darauffolgenden Jahren gab es Auseinandersetzungen um die Durchführung des Bürgerentscheids, Beauftragung der Machbarkeitsstudie und möglichen Alternativen.

Anfangs gab es nämlich Vorschläge, die Müritztherme in Röbel auch für Schulsport zu nutzen. Lange Zeit bestanden auch Hoffnungen auf ein privates Großprojekt, das ebenfalls eine öffentliche Schwimmhallennutzung ermöglicht hätte. Dieses wäre zwar die wirtschaftlichste Lösung gewesen, es befand sich jedoch ständig in der Schwebe. Anfang 2020 stand dann fest, dass es nicht realisiert werden würde. Die Frage nach dem Bau einer Schwimmhalle lag wieder alleine bei der Stadt Waren.

Aus einer Machbarkeitsstudie aus dem Herbst 2018 gingen Kostenschätzungen hervor. Je nach Variante (mit 4 oder 6 Bahnen je 25m) werden die Baukosten mit 10 bzw. 13 Millionen € veranschlagt. Die jährlichen Betriebskosten für die Schwimmhalle wären 750.000 € bzw. 850.000 €. Bei geschätzten Einnahmen von 250.000 € kämen also je nach Variante jährlich 500.000 bis 600.000 € als Zuschuss auf den Warener Stadthaushalt zu.

Im Laufe der Zeit ist von der Ursprungsidee abgewichen. Statt einer funktionalen Schwimmhalle nur für Schul- und Vereinssport, die nicht in Konkurrenz zur Müritztherme in Röbel steht. Es zeichnet sich ab, dass die 6-Bahnen Variante bevorzugt wird und zusätzlich ein Sauna- und Thermalsolebereich kommen soll. Im Februar 2021 wurde eine neue Kostenschätzung veröffentlicht. Außerdem wird ein Standort gesucht. Mit Vorliegen der aktualisierten Studie soll über Fortführung des Projektes entschieden werden.

Neubrandenburg

In Neubrandenburg soll ein Neubau eine alte Schwimmhalle ersetzen. Die Ersatzinvestition wird dringend benötigt, weil die bestehende Halle in die Jahre gekommen ist und mittlerweile zu klein ist.

Ende 2019 wurden bereits Standorte gesprochen, wobei die interessanteste Option der Umbau des denkmalgeschützten Lokschuppen am Hauptbahnhof ist. Die sinnvolle Nutzung des ganzen Ruinen-Areal wäre ein zusätzlicher positiver Effekt für das Stadtbild. Mitte 2020 wurden die Bedingungen für die Machbarkeitsstudie besprochen.

Dieser Artikel wurde am 6.4.2021 veröffentlicht und am 17.3.2023 aktualisiert.


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