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Bauprojekte und Stadtentwicklung Neustrelitz

Der Turmbau zu Neustrelitz – teilweiser Wiederaufbau des verlorenen Schloss

Neustrelitz ist für sein historisches Stadtbild bekannt, aber mit dem verloren gegangenen Schloss fehlt ein wichtiger Teil. Der Schlossturm wird nun nach altem Vorbild neu aufgebaut. Nach Fertigstellung wird er als Ausstellungsgebäude und Aussichtsturm dienen. Dies ist ein Überblick über das Projekt und seine Hintergründe.


Das Doppelprojekt

Es handelt sich eigentlich um zwei eng zusammenhängende Projekte. Das eine ist der Schlossturm, der in Verantwortung der Stadt Neustrelitz gebaut wird. Das andere ist das Projekt Schlosskeller, welches durch das Land Mecklenburg-Vorpommern realisiert wird.

Schlossturm

Nüchtern betrachtet handelt es sich um ein Gebäude, das eine Grundfläche von 10,5 x 10,5 Metern und eine Höhe von 53 Metern haben wird. Damit ist es sogar etwas höher als der Turm der Neustrelitzer Stadtkirche, welcher zur Zeit die Innenstadt von Neustrelitz weit sichtbar dominiert. Der neue Turm wird in der Grundform und an der Außenfassade eine möglichst originalgetreue Kopie des historischen Schlossturms sein. Auch der Standort entspricht dem Original, wobei sogar die historischen Fundamente wahrscheinlich für den neuen Bau mitgenutzt werden, da sie als stabil genug einschätzt wurden.

Etwa auf der halben Höhe, in 24m und zusätzlich in 43m wird es Aussichtspunkte geben. Neben einer Treppe, um bis nach ganz oben zu gelangen ist ein Aufzug geplant, der die 2-3 Etagen im Inneren verbindet. Dort werden auf ca. 100 qm Ausstellungsräume untergebracht, die sich aller Voraussicht nach um die Bedeutung als „Ort der Demokratiegeschichte“ drehen wird. Diesen Titel hat der noch leere Schlossberg bereits erhalten. Im alten Schlossgebäude wurde nämlich die erste demokratische Verfassung Deutschlands nach dem Ende der Monarchie in Kraft gesetzt. Hier tagte der Landtag des neu gegründeten Freistaat Mecklenburg-Strelitz. Außerdem war in diesem Parlament zum ersten Mal in Deutschland eine Frau Mitglied. Ihr Name war Erna Weiland.

Die Ausstellung wird zur Zeit erarbeitet und eventuell wird auch die Geschichte des Schlosses einen Platz finden. Eine Heizung wird übrigens wird nicht eingebaut, so dass die Räume vor allem in den warmen Monaten Besucher einladen. Letztendlich wird es ein modernes Gebäude mit historischer Fassade und kultureller Nutzung werden.

Schlosskeller

Der alte Schlosskeller ist seit einigen Jahren abgesperrt. Er wird mit einer Betondecke überspannt, wodurch die Fläche wieder begehbar und auch gestaltet werden kann. So ist zum Beispiel eine Begrünung dieser Kellerabdeckung denkbar. Auch die Kellergewölbe sollen über Treppen betretbar sein. Das Teilprojekt wird im Wesentlichen durch das Land MV als Eigentümer umgesetzt. Die Stahlbetondecke könnte ohne Schaden für die historische Substanz wieder abgebaut werden, falls es in der Zukunft einen anderen Nutzungswunsch gibt.

Geplanter Zeitablauf

Mit folgendem Zeitablauf wurde Anfang 2022 gerechnet. Mittlerweile ist es aber nicht mehr zu schaffen!

  • 2023 im Herbst, nach den Schlossfestspielen:
    Bauabschnitt 1 des Schlosskellers
    Beräumung des Schlosskellers (jahrzehntelang wurden Schutt und Müll abgelagert)
    -> Dauer ca. 8 Monate.
  • 2024 nach Abschluss der Kellerberäumung: Start für Turmbau
  • 2027: geplante Fertigstellung des Turms
  • Ab 2027: Bauabschnitt 2 des Schlosskellers:
    Abdeckung des Kellers, Nutzbarmachung des Inneren und Gestaltung der Oberfläche
    -> Dauer ca. 8 Monate

Das Gesamtprojekt wäre somit frühestens 2028 abgeschlossen. Realistisch bei solchen Projekte ist aber eine Verspätung, so dass davon auszugehen ist, dass der neue Schlossturm und die gestaltete Fläche auf dem Schlosskeller zum Ende des Jahrzehnts im vollen Glanz erstrahlen werden.

Hintergrund

Als Residenzstadt eines Herzogtums hatte Neustrelitz ein Schloss. Es wurde ab 1726 gebaut und später durch einen Anbau vergrößert, zu dem auch ein Turm gehörte. Dieser war nach des Vorbild des Schloss Charlottenburg in Berlin errichtet worden. Dazu gehörte ein Park – der „Schlossgarten“ und eine Reihe von Gebäude, die mit dem Schloss in Verbindung standen. Zum Beispiel die Schlosskirche, das Theater oder der Marstall zur Unterbringung von Pferden und Fuhrwerken.

Am Kriegsende 1945 brannte das Schloss aus. Es wurde einige Jahre später abgerissen, denn im neuen politischen System nach dem Krieg gab es keine Chance auf einen Wiederaufbau der Brandruine. Stattdessen wurde es als Baumaterial für neue Gebäude verwendet und auf der Flächen wurden einfache Gebäude – „Baracken“ – errichtet in denen Büros untergebracht waren. Sie standen über die DDR-Zeit bis in die 1990er Jahre hinein. In Neustrelitz erzählte man über den Schlossberg in Anlehnung an den Architekturstil: „Früher stand hier Barock, heute Barack“.

Nach der Wiedervereinigung wurden die Baracken nicht mehr benötigt und ebenfalls abgerissen. Die Fläche war nun leer und es kam die Frage auf, wie dieses Grundstück direkt am Schlossgarten genutzt werden soll. Es wurden Ideen gesammelt, aber bald kamen auch Forderungen nach einem Wiederaufbau des alten Schlosses auf.

Erste Ansätze für die Nutzung des Geländes

Ab den 2000er Jahren wurde der Schlossberg zeitweise für Veranstaltungen genutzt. Man errichtete eine „Schlossattrappe“ aus Gerüsten und Plane und eine Stahlkonstruktion, die an den Schlossturm erinnerte. Dies diente als Kulisse für die 2001 gestarteten Schlossgartenfestspiele oder andere Ereignisse wie z.B. die Übergabe der Abiturzeugnisse an Schüler des Neustrelitzer Gymnasium Carolinum.

Seit den 2010er Jahren hat das Land Mecklenburg-Vorpommern mehrere Restaurierungsprojekte durchgeführt, um den Schlossgarten und das umliegende Gebiet weitgehend im historischen Stil wiederherzustellen. Jahr für Jahr wurde gearbeitet. Skulpturen wurden wieder an altem Platz aufgestellt, Brunnen und Gartenmauern wurden instand gesetzt und Wege und Baumreihen restauriert. Neben der Sanierung des alten Kavalierhaus wurde die von Marstall und Orangerie begonnen.

Konkrete Planungen des Landes

Das (leicht erhöhte) Gelände, auf dem das ehemalige Schloss stand ist allgemein als „Schlossberg“ bekannt. Die Fläche auf dem sich das Schloss befand ist zweigeteilt. Zum einen ein großer, leerer begehbarer Platz und zum anderen ein wegen Einsturzgefahr abgesperrter Bereich auf dem die Reste der Schlosskeller befinden.

Auch hier wollte das Land eine Neugestaltung und rief 2013 einen Architektenwettbewerb aus. Mehrere Entwürfe gingen ein und wurden von einer „Fach und Sachpreisjury“ bewertet. Das Sieger-Projekt sah eine Konstruktion aus „80 Holzmasten und sich im Winde bewegenden Volants“ (Fahnen) mit jeweils 16-18m Höhe vor. Die Schlosskeller sollten mit Sand verfüllt und die Fläche zu einer Blumenwiese werden.

Dieser Entwurf wurde jedoch abgelehnt (insbesondere durch den Residenzschlossverein). Nachdem es auch Bedenken zu Technik und Kosten gab, wurde der 2. Preis des Wettbewerbs genutzt. Dies war das Projekt „Bellevue“, das deutlich zurückhaltender war, aber ebenfalls eine Verfüllung der noch erhaltenen Schlosskeller vorsah. Somit stand im Jahr 2014 der Plan des Landes Mecklenburg-Vorpommern für die Umgestaltung des Schlossbergareals.

Landes-Plan wird abgelehnt

Es regte sich jedoch Widerstand in Neustrelitz. Hauptaugenmerk lag dabei die Kritik an der Versiegelung des Schlosskellers. Er sollte mit speziellem Sand aufgefüllt werden, wobei der Beginn der Arbeiten für März 2018 geplant war. Obwohl betont wurde, dass der Sand in späteren Generationen entfernt werden könne, wäre der Zugang zum Keller als letztem originalen Überrest des Schlosses dauerhaft verloren gegangen. Zudem hätte die Investition die Umsetzung jeglicher Ideen und Wünsche einer Wiederbebauung des Schlossbergs nahezu unmöglich gemacht und die Diskussion um einen Wiederaufbau des Schlosses für Jahrzehnte beendet.

Einige Neustrelitzer Bürger, insbesondere der Residenzschlossverein und Mitglieder der Stadtvertretung lehnten daher die Verfüllung des Schlosskellers ab.

Im Oktober 2017 legte die Fraktion der LINKE in der Stadtvertretung einen Antrag vor, dass die Stadt die Verfüllung der Keller verhindern solle. Er sollte beräumt und mit „archäologischen Sichtfenstern“ erlebbar gemacht; die vorhandenen Fußböden des Erdgeschoss erhalten werden. Hier wurde auch der originalgetreue Wiederaufbau des Schlossturmes erwähnt und eine Ausstellung zur Demokratiegeschichte des Ortes angeregt. (Im Bezug auf die erste in Kraft getretene demokratische Landesverfassung in Deutschland.)

Die Vorlage wurde zunächst nur beraten. Im späteren Verlauf wurde ein „Gedankenaustausch zum Schlossareal“ am 29.1.2018 (Dem Jahrestag der Verabschiedung besagter Landesverfassung) vorgeschlagen und durch die „Stiftung Mecklenburg“ veranstaltet.

Auf dieser ersten „Schlossbergkonferenz“ wie sie später genannt wurde und danach jährlich stattfand, bekam die Idee des Keller-Erhalt und des Schlossturms eine so große Zustimmung, dass sie weiterverfolgt wurde. Der Antrag in der Stadtvertretung fand eine Mehrheit.

Damit standen die Stadt Neustrelitz und das Land Mecklenburg-Vorpommern, genauer gesagt dem Finanzministerium unter Minister Brodkorb (SPD) im Konflikt. Die Stadt lehnte den Plan des Landes ab.

Der Kompromiss

Im Frühjahr 2018 kam es zu einem Treffen zwischen Vertretern von Stadt und Land, nach dem alle Pläne für die Baumaßnahmen gestoppt wurden.

Im Laufe des Jahres 2018 wurde schließlich ein Kompromiss gefunden: Der Keller wird nicht verfüllt und das Umgestaltungskonzept „Bellevue“ wird verändert. Außerdem durfte der Turm des historischen Schlosses gebaut werden.

Ein Grundstück aus dem Landeseigentum soll auf die Stadt Neustrelitz übergehen, um dort um einen Turm bauen zu können. Außerdem wird eine bestimmte Summe an Fördergeld versprochen. Der Deal lautete: Neustrelitz darf sich den Wunsch erfüllen, aber das Land gibt die Verantwortung für laufende Kosten ab.

Es gab danach noch Diskussionen über die Außengestaltung des Turms: Sollte er entweder mit einer Kopie der historischen Fassade oder als Verweis auf das alte Schloss gestaltet werden? Letztendlich setzte sich die historische Form später durch.

Nach weiteren Jahren der Planung und Verzögerungen könnten die Arbeiten auf dem „Schlossberg“ nun im Jahr 2024 beginnen.

Investitionskosten

Die Gestaltung des Schlossareals (inkl. Kellerdecke), die durch das Land finanziert wird, wurde Ende 2022 auf 7 Millionen € geschätzt.

Der Schlossturm wird mit Stand Januar 2024 auf 9,5 Millionen € geschätzt (Bis zu den allgemeinen Baukostensteigerungen 2022 hatte man mit 7 Millionen € gerechnet.) Zur Finanzierung wurden vom Land und vom Bund insgesamt 6,5 Millionen € als Fördermittel Aussicht gestellt. Der Rest von 3 Millionen € würde zum einen als Eigenanteil der Stadt und zum anderen durch private Spenden finanziert werden. Die Spendenbereitschaft ist groß. Vor einem sicheren Baubeginn können jedoch noch keine Spenden gesammelt werden.

Die meisten Grundstücke und Gebäude im Umfeld gehören dem Bundesland MV, weil das Schloss und das ehemalige „Residenzviertel“ staatliches Eigentum des einst unabhängigen Landes Mecklenburg-Strelitz mit der Landeshauptstadt Neustrelitz waren. Daher erklärt sich der Beitrag durch das Land. Die nationale Bedeutung, die die Mittel aus dem Bundeshaushalt rechtfertigen, ergibt sich aus der Geschichte des Schlosses in dem einerseits die erste Frau in Deutschland Parlamentsmitglied war und einerseits die erste demokratische Verfassung Deutschlands nach dem Ende der Monarchie verabschiedet wurde.

In der Vereinbarung mit dem Land MV zum Schlossberg ist geregelt, dass sich das Land zwar an den Baukosten beteiligt, aber danach keine laufende Kosten für die Bewirtschaftung wie z.B. Besucherservice übernimmt. Dazu wird das Grundstück, auf dem der Turm stehen soll, an die Stadt verkauft. Die Idee aus der Stadtverwaltung ist, dass die Stadt alle Kosten übernimmt, die sich auf das Gebäude beziehen (100.000€ pro Jahr Schätzung 2022). Die Besucherservices zur Ausstellung und Aussichtsplattform sollen dagegen auf Vereinsbasis, evtl. im Ehrenamt erfolgen.

Historischer Zeitablauf

1945Schlossbrand
1948-50Abriss der Schlossruine
DDR-ZeitProvisorische Bauten („Baracken“) zur Unterbringung von Büros für öffentliche Einrichtungen stehen auf dem Areal
1990erAbriss der Baracken, Forderungen nach Wiederbebauung
2001Bau der Stahlkonstruktion und der „Schlossattrappe“. Nutzung der Fläche für Veranstaltungen.
2000er Jahreverschiedene Ideen und Architekten-Wettbewerbe zur Neugestaltung des leeren Schlossberg
Abbau von „Schlossattrappe“ und Turm-Konstruktion um 2010.
2011-2019Beginn der Restaurationsprojekte im Schlossgarten.
Konkretere Forderungen nach einem Wiederaufbau des Schlosses mit historischer Fassade. Als Vorbild diente die Rekonstruktion von Potsdamer Stadtschloss (2010-2013) und Berliner Stadtschloss als Humboldt-Forum (2012-2020)
2014Architektenwettbewerb des Landes zur Gestaltung des Schlossareals. Das von einer Jury ausgesuchte Sieger-Projekt wurde verworfen. Das zweitplatzierte Projekt „Bellevue“, erhielt den Zuschlag.
2017Vorbereitungen zur Umsetzung Landes-Plans laufen. In der Stadtvertretung Neustrelitz wird jedoch diskutiert, die Verfüllung des Schlosskellers abzulehnen. Zusätzlich wird der Wiederaufbau des Schlossturms als Ausstellungsraum für die Demokratiegeschichte des Ortes angeregt.
Januar 2018Am 29.1.2018 findet die erste „Schlossbergkonferenz“ statt. Eine Diskussionsplattform in der sich die Idee des Schlossturms durchsetzte.
Februar 2018Der Konflikt um den Schlossberg spitzt sich zu. Vorbereitungen für die Verfüllung mit Fließsand laufen. Im Februar beschließt die Stadtvertretung jedoch, dass diese verhindert werden solle.
Frühjahr 2018Es kommt zu entscheidenden Treffen zwischen Vertretern von Neustrelitz und dem Finanzministerium
Oktober 2018Einigung zwischen der Stadt Neustrelitz und Mecklenburg-Vorpommern!
Auf die Keller-Versiegelung wird verzichtet und es gibt die Möglichkeit einer Bebauung mit dem Schlossturm und Fördermittel dafür. (Wenn sich die Stadt Neustrelitz selbst darum kümmert.)
Frühjahr 2019Diskussionen um die Außengestaltung des Turms.
Im März Gründung des Schloss-Beirat zur Vernetzung von Neustrelitzer Stadtvertretern und Vertretern von Vereinen, Landkreis, Bundes- und Landespolitikern
Dezember 2019Vereinbarung zwischen der Stadt Neustrelitz und dem Land Mecklenburg-Vorpommern wird offiziell geschlossen
2021Der Vorentwurf für den Schlossturm wird vorgestellt. Der 53m hohe Turm soll äußerlich nach historischem Vorbild gestaltet werden und einen Pavillon für den Eingangsbereich erhalten.
Der Schlossberg wird offiziell zum „Ort der Demokratiegeschichte“ erklärt.
Januar 2022Erster Vorschlag der Stadtverwaltung zur Finanzierung des Betriebs: Gebäudekosten durch die Stadt und Besucherservice durch ehrenamtliche Arbeit.
Mitte 2022Inflation bei Baukosten und Befürchtungen zur Finanzierbarkeit führen dazu, dass der Pavillon für den Eingangsbereich zum Turm eingespart wird.
Februar 2023Die Stadtvertretung Neustrelitz beschließt, dass das Turmbauprojekt besondere Priorität für die Stadt hat.

Zeitliche Dimensionen

Nach dem Abriss der provisorischen Bebauung in den 1990ern war ca. 20 Jahre unklar, was auf dem Gelände passieren wird. Dann gab es einen Plan der Landesverwaltung, der aber in Neustrelitz kurz vor Baubeginn 2018 verhindert wurde. Man einigte sich noch im selben Jahr auf einen neuen Plan. Danach vergingen 5 Jahre bis der Baubeginn in Sicht kam.

Von den ersten offiziellen Überlegungen zur Bebauung des Schlossberges in Form von Architektenwettbewerben werden bei der Fertigstellung 2027/28 etwa 30 Jahre vergangen sein. Von der Entscheidung zum Bau des historischen Turm bei Amtsantritt des Großherzogs 1904 bis zur Bauabschluss vergingen dagegen nur 5 Jahre.

Somit ist der Schlossberg nicht nur Ort der Demokratiegeschichte. Der Turmbau von Neustrelitz zeigt einerseits, dass demokratische Prozesse viel länger brauchen. Andererseits zeigt es aber, dass eine Landesregierung heute nicht so einfach über eine Stadt entscheiden kann – wenn sich fähige Menschen dem entgegenstellen.


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Deutschland für Anfänger Geschichte und Sightseeing

UNESCO Weltnaturerbe Grube Messel

Die Fossilienlagerstätte Grube Messel gehört zum Weltnaturerbe. Hier beschreibe ich kurz was es damit auf sich hat und gebe praktische Tipps für einen Besuch.

Lage und Erreichbarkeit

Messel ist eine Kleinstadt im Bundesland Hessen. Ca. 30 km von Frankfurt/Main und 10 km von Darmstadt entfernt. Die Grube Messel liegt außerhalb der Stadt, in einem Industrie- und Bergbaugebiet. Das kann auf einen Besucher erst einmal komisch wirken, wenn man einen besonderen Ort der Natur erwartet. Der Bergbau ist aber der Grund, weshalb die bedeutenden Naturschätze überhaupt gefunden wurde. Die Grube hat ein Besucherzentrum. Mit dem Auto ist es leicht erreichbar. Mit der Bahn ist es nicht ideal aber auch erreichbar. Der Bahnhof von Messel liegt im Industriegebiet und es gibt auch einen Bus. Vom Bahnhof zum Besucherzentrum kann man aber auch in einer halben Stunde zu Fuß gehen. Man muss nur den Schilder folgen.

Bedeutung als Weltnaturerbe

Die Grube Messel wird das „Pompeji der Archäologie“ genannt. Hier werden sehr viele Fossilien ausgegraben, die in einem sehr guten Erhaltungszustand sind. Auf der ganzen Welt gibt es so etwas kaum. Die Tiere und Pflanzen sind Millionen Jahre alt. Es sind aber keine Dinosaurier darunter, weil die Fossilien aus der Zeit danach stammen. Sie kommen uns ziemlich bekannt vor, allerdings vermutet man sie nicht in Mitteleuropa. Es sind Tiere aus den Tropenwald. Krokodile, Urpferde, Schildkröten, Insekten, Fische und kleine Säugetiere. Sie sind alle in einen See hineingefallen, den es vor Millionen Jahren gab und wurden konserviert. Den See gibt es nicht mehr. Heute wir Forschung betrieben, an der prähistorischen Tier, Pflanzenwelt und dem früheren Klima.

1995 wurde die Grube Messel von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.

Besucherzentrum, Besuch und Führungen

Die Grube Messel ist ein „Forschungsbergwerk“. Sie ist abgesperrt und kann nicht einfach betreten werden. Man kann aber eine Führung mitmachen. Diese finden aber nur ein paar Mal am Tag statt. Die längeren Touren gibt es am Wochenende. An den Wochentagen kann man eine Kurztouren von ca. 1 Stunde mitmachen. Man sollte sich vorher aber informieren wann diese stattfinden, um den Besuch zu planen.

Im Besucherzentrum gibt es eine moderne Ausstellung zum Weltnaturerbe. Sie ist multimedial, es gibt Filme, Audiostationen und interessante Ausstellungsstücke. Die Texte an den Tafeln sind in Deutsch und Englisch. Hier ist alles auf das Wesentliche reduziert und gut verständlich. Hier kann man einer bis eineinhalb Stunden verbringen. Sie ist ein guter Einstieg, bevor man eine Tour macht.

Warum die Weltnaturerbestätte fast eine Müllkippe geworden wäre

Die jüngere Geschichte des Ortes ist auch interessant. In der Grube wurde ab 1859 Erz und Ölschiefer abgebaut, aus dem man Öl gewinnen konnte. Nebenbei hat man immer wieder Fossilien gefunden. 1970 wurde der Rohstoff-Abbau eingestellt. Es gab Pläne das große „Loch“ als Mülldeponie zu nutzen. Bürger wehrten sich aber gegen die Pläne und wollten die Fossilienforschung weiter ermöglichen. Am Ende hatten sie Erfolg, aber es war eine sehr knappe Entscheidung. Dort wo man später das Besucherzentrum gebaut hat waren schon erste Bauarbeiten für die Mülldeponie abgeschlossen. Eine Betonkante wo LKWs Müll ankippen wurde, wurde in das Gebäude des Besucherzentrums integriert.

Der Ort Messel

Wer sich für Fossilien interessiert, der findet im Ort Messel noch ein Museum. Messel hat nur ca. 4000 Einwohner. Es ist ein sehr ruhiger Ort, in dem es nur wenige Möglichkeiten zum Einkaufen oder Essen/Trinken gibt. Ich war an einem Dienstagnachmittag dort. Ich habe kein offenes Restaurant oder Biergarten gefunden. Zum Einkaufen oder um etwas zu erleben fahren die meisten Leute sicher in das große Darmstadt, das nur 10 km entfernt ist. Nur am Marktplatz gab es mehrere Leute zu sehen. Man kann in der Umgebung etwas wandern, aber darf keine Besonderheiten erwarten. Ich habe am Ende einen Döner in der Nähe des Bahnhofes gegessen.

Fazit

Ein Besuch im Weltnaturerbe Fossilienlagerstätte Grube Messel lohnt ich für Menschen, die sich für Natur interessieren. Es gibt keine aufregenden Dinosaurierknochen, aber man erhält trotzdem einen Einblick in das Leben vor Millionen von Jahren. Auch über Industriegeschichte kann man Einiges erfahren. Man darf keinen Freizeitpark erwarten, sondern sollte Freude an Natur und Wissenschaft habe.

Die eigentliche Grube. Das Gelände in dem nach Fossilien gegraben wird.
Besucherzentrum
Im Inneren des Besucherzentrums
Im Inneren des Besucherzentrums
Fossil eines Fisches
Fossil eines Fisches
Die Grube ist am Bahnhof ausgeschildert
Die Grube ist am Bahnhof ausgeschildert
In Messel
Welterbe Grube Messel Urpferd Logo
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Prähistorisches Reptil
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