In Neustrelitz gibt es zur Zeit 7 Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen, die sich im gesamten Stadtgebiet verteilen. Zuletzt kam 2023 ein weiterer Solarpark im ehemaligen Kiestagebau Sophienhof dazu. Hier stelle ich alle im Überblick und einzeln vor.
Übersicht
Name/Infos | Nennleistung Netzeinspeisung / Jahr |
---|---|
Penzliner Straße (am Krankenhaus, ehemaliger Kasernenstandort) Bau: 2009 Gesamtgröße: 25 ha Betreiber: IBC Solar (BY) | Leistung: 8,09 MWp Einspeisung: 6846 MWh |
Am Kamp (Nähe Bürgerseen) Bau: 2010 Gesamtgröße: 0,83 ha Betreiber: Stadtwerke Neustrelitz (MV) | Leistung: 1,004 MWp Einspeisung: 1064 MWh |
Domjüchsee Bau: 2011 Gesamtgröße: 7 ha Betreiber: Stadtwerke Neustrelitz (MV) | Leistung: 2,845 MWp Einspeisung: 2300 MWh |
An der B193 nach Norden Bau: 2014 Gesamtgröße: 6 ha Betreiber: SolarArt (BY) | Leistung: 1,81 MWp Einspeisung: 1567 MWh |
An der Bahnlinie Neustrelitz-Berlin (bei Klein Trebbow) Bau: 2020 Gesamtgröße: 6 ha Betreiber: Enerparc (HH) | Leistung: 5,787 MWp Einspeisung: 5450 MWh |
Sophienhof Nord 1 Bau: 2020/21 Gesamtgröße: 9,7 ha Betreiber: EnBW (BW) | Leistung: 8,8 MWp Einspeisung: 8300 MWh |
Sophienhof Nord 2 Bau: 2023 Gesamtgröße: 8,6 ha Betreiber: EnBW (BW) | Leistung: 6 MWp Einspeisung: 5600 MWh |
Summe Gesamtgröße: 63,43 ha | Leistung: 34,4 MWp Einspeisung: 31.0000 MWh |
Quellen: Stadtwerke (Am Kamp und Domjüchsee), Wikipedia (Penzliner Str), Eigene Recherche bei Betreibern SolarArt, Enerparc und EnBW (Solarpark an der B193, Solarpark an Bahnstrecke, Sophienhof Nord 1 und 2) und eigene Schätzungen (Netzeinspeisungen Sophienhof)
Nennleistung in MWp: Generierte Leistung, die dauerhaft maximal generiert werden kann (p= „peak“ -> Spitze, somit Spitzenleistung).
geschätzte Netzeinspeisung: Bei Solarmodulen ist die tatsächlich generierte Strommenge natürlich vom Wetter und vom Sonnenstand abhängig. 1000 MWh = 1000.000 kWh. Ein 2 Personen-Haushalt in Deutschland verbraucht ca. 2000 bis 3500 kWh im Jahr. Mit 1000 MWh im Jahr können somit theoretisch ca. 350 2-Pers.-Haushalte versorgen.
Über die Anlagen in Neustrelitz
Mehr Leistung pro Fläche
An den Werten kann man ablesen wie unterschiedlich leistungsstark Solarparks sind. Die abweichende Leistung pro ha ergibt sich hier auch daraus wie eng die Module stehen, doch der Hauptgrund ist aber die Entwicklung der Solarmodul-Technik. So ist der Solarpark an der Bahnstrecke nach Berlin (gebaut 2020) zwar kleiner als der am Domjüchsee (gebaut 2011), bringt aber mehr als doppelt so viel Leistung!
Auch ein anderer Fakt ist bemerkenswert, obwohl ihn wahrscheinlich kaum ein Neustrelitzer vermuten würde. Der Solarpark Penzliner Str. (am Krankenhaus) ist mit seinen 25 ha zwar immer noch der größte in ganz Neustrelitz, aber nicht mehr der leistungsfähigste! Am bzw. im Kiestagebau Sophienhof steht eine nagelneue Anlage, die in etwa halb so groß ist wie der auf der ehemaligen Kaserne, aber dennoch mehr Leistung bringt!
Stadtwerke Neustrelitz spielen nur kleine Rolle
Mit IBC Solar aus Bad Staffelstein, EnBW und Enerparc in Hamburg werden die Neustrelitzer PV-Freiflächenanlagen hauptsächlich von großen Investoren außerhalb der Landesgrenzen betrieben. Die Stadtwerke haben hier nur eine kleine Rolle. Zwar waren sie früh dran (2010/2011), aber nicht die ersten, die in Neustrelitz PV-Freiflächenanlagen eingerichtet haben. Die Stadtwerke betreiben im heutigen Maßstab mit „Domjüchsee“ und „Am Kamp“ eher kleine Solarparks, die ab 2023 zusammen nur 11% der installierten Nennleistung aller Solarparks ausmachen.
Flächen
Die PV-Anlagen wurden und werden hauptsächlich auf alten Militär- oder Abbaugebieten aufgestellt. Die einzige landwirtschaftlicher Fläche, die bebaut wurde, liegt in einer Gegend, die eher unfruchtbare Böden hat.
Gesamtflächen der Solarparks: 63,2 ha (Ein Quadrat von 800 x 800 m, das ist knapp das Fünffache des Glambecker Sees oder weniger als ein Fünftel des Zierker Sees)
Die Gesamtfläche von Neustrelitz liegt bei 139.900 ha und die Solarparks nehmen also 0,045%, des Stadtgebietes ein. Als Verkehrsfläche sind 4,1% des Stadtgebietes ausgewiesen (laut Wohnungsmarktstrategie 2022).
Warum Freiflächenanlagen und keine Dachanlagen?
Hausanlagen lohnen sich zur Zeit nicht, weil die garantierte Einspeisevergütung mittlerweile sehr niedrig ist und der Bau auf dem Dach teuer ist. Eigentlich lohnen sie sich nur noch für den Eigenverbrauch, aber auch die dafür notwendige Speichertechnik kostet. Die Bundesregierung plant Gesetze auf den Weg bringen, aber es ist noch unklar wie die aussehen werden. Werden Solardächer auf Neubauten zur Pflicht? Oder wird das zurückgenommen, weil die Baupreise dann noch weiter in die Höhe schnellen?
Vor- und Nachteile für die Stadt
Weder die Vor- noch die Nachteile für die Bewohner der Stadt Neustrelitz durch die Solarparks auf dem Stadtgebiet sind richtig greifbar. Argument Nr. 1 für Solarparks ist der weltweite Klimaschutz. Für diesen ist allerdings CO2-Mengenmäßig Deutschland mit seinen 1,8% Ausstoß nur wenig ausschlaggebend. Geschweige denn Neustrelitz. Die Kleinstadt kann zumindest von sich behaupten, dass sie ihren Beitrag Zur Strom-Energiewende getan hat. Zusammen mit der Erzeugung im Biomasseheizkraftwerk sowie den kleineren Solaranlagen kann man sich von der Bilanz her selbst regenerativ versorgen und exportiert auch noch erneuerbaren Strom. Dahingehend hat die Stadt somit einen Vorteil für das Image der Stadt.
Der Flächenverbrauch fällt mit 0,05% der Stadtfläche nicht ins Gewicht, denn das Stadtgebiet ist ohnehin Verhältnis zur Einwohnerzahl sehr groß und hat viel Wald hinter dem man viel „verstecken“ kann. Meist liegen die Solarparks abseits und sind praktisch unsichtbar. Es werden auch keine wertvollen Flächen damit bebaut. Nur die Solaranlage an der Penzliner Str., zwischen Innenstadt und Krankenhaus, wäre aus heutiger Sicht Bauland in sehr guter Lage. Als solches ist es aber für die Zukunft nicht verloren, denn Solarmodule sind schnell abgebaut. Wenn die Anlage in den 2030er Jahren aus der EEG-Förderung herausfällt kann der Eigentümer entscheiden, ob er neue, leistungsfähigere Solarmodule aufstellt (Repowering) oder auf eine Bebauung der Grundstücke hinarbeitet. Ähnliches gilt für die Anlage am Domjüchsee, obwohl eine großflächige Bebauung so weitab vom Zentrum schwer vorstellbar ist.
Ein unmittelbarer Vorteil von Solarparks für eine Stadt ist erst seit kurzem möglich. Bis 2021 durfte ein Investor der Gemeinde in der er einen Solarpark setzen wollte keine finanzielle Beteiligung anbieten. Dies war nach Korruptionsgesetzen nicht möglich, denn Verantwortliche in einer Stadtverwaltung hätten sich strafbar gemacht, wenn sie Investoren die Geld anboten den Vorzug gegeben hätten. Seit der EEG-Gesetzesänderung haben die Kommunen nun Spielraum für so eine „Vorteilsnahme“. Es gibt keine Pflicht zur finanziellen Beteiligung, aber eine Gemeinde sollte im Interesse der Bürger nur mit den Investoren zusammenarbeiten, die Extra-Geld für den Haushalt anbieten. In Neustrelitz sind die meisten Solarparks ohne diese Möglichkeiten gebaut worden. Nur beim neuesten, für 2023 geplante Solarpark Sophienhof Nord 2 durfte der Investor eine Kommunalbeteiligung anbieten. Etwa 11.000 Euro dürften dadurch jährlich in den Stadthaushalt fließen.
Wie ist die Situation im Strelitzer Land?
In der Strelitzer Region gibt es überall verstreut Solarparks, z.B. an der Bahnstrecke nach Neubrandenburg oder auf dem Gelände der alten Ziegelei in Woldegk. Projektentwickler suchen fieberhaft nach Standorten für weitere, immer größere Freiflächenanlagen Z.B. in Mirow oder in Feldberg und Woldegk, wo Hunderte Hektar angefragt wurden. Der zweite Solarboom ist besonders in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg im vollen Gange. Die Planungen für Solarparks der Vorjahre nehmen bereits konkrete Gestalt an und es ist absehbar, dass „Solarfelder“ ein normaler Anblick werden. Auf den Feldern gibt es dann einen Wechsel zwischen Weizen, Raps, Zuckerrüben, Solar, Mais etc. Dabei gilt die Solarenergie als landschaftsschonende Alternative zu Windkraftanlagen und zum Anbau von Mais als Energiepflanze für Biogasanlagen.
Trends
Auch in Neustrelitz ist der deutschlandweite Trend beim Ausbau von Solarenergie erkennbar. Um 2011 herum gab es den ersten Boom, danach einen Einbruch. Danach ist der Zubau an installierter Leistung wieder langsam gestiegen. In MV ist diese Entwicklung (wer hätte es gedacht?) mit ein paar Jahren Verzögerung eingetreten. Die „zweite Welle“ wurde in Neustrelitz 2020 eingeleitet. Neustrelitz folgt damit grob dem Bundestrend beim Ausbau von Solarenergie.
Infos zu den einzelnen Solarparks
Solarpark Penzliner Straße
Zwischen Krankenhaus, Penzliner Straße und Dr.-Schwendtner-Straße liegt der älteste und von der Fläche her größte Solarpark in Neustrelitz. Durch seine Lage nahe der Innenstadt ist er wohl auch der Bekannteste. Hier stand bis in die 1990er Jahre eine riesige Kasernenanlage, die in den 1930er Jahren gebaut und bis 1993 durch das sowjetische Militär genutzt wurde. Nach dessen Abzug fand sich kein Käufer für das Gelände. Die Gebäude wurden deshalb abgerissen. 2009 baute ein Investor den jetzigen Solarpark, nachdem er die letzten Altlasten wie Kampfmittelreste beseitigt hatte. Die Anlage wird durch die IBC Solar aus Bad Staffelstein (Bayern) betrieben.
- Ehemaliges Militärgelände (Altlastenbeseitigung war notwendig)
- Betreiber: IBC Solar (Bad Staffelstein, BY)
- Von der Fläche her größter Solarpark
Solarpark „Am Kamp“
Im Jahr 2010 nahmen die Stadtwerke ihre erste PV-Freiflächenanlage „Am Kamp“ in Betrieb. Sie befindet sich auf dem Gelände der OVVD, der kommunalen Entsorgungsgesellschaft dem auch der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte angehört. Sie betreibt dort eine Anlieferungsstation für Müll, also den örtlichen Wertstoffhof. Ich kenne momentan nicht die historische Entwicklung des Ortes. Dass dort eine Entsorgungsanlage entstand lag sicher auch an der Abgeschiedenheit und der direkten Lage an den Hafenbahn-Gleisen. Es lag nahe auf einer nicht benötigten Fläche eine PV-Anlage zu errichten. Diese liegt dadurch aber mitten im Wald zwischen Seen.
Solarpark Domjüchsee
Die Inbetriebnahme der zweiten Freiflächen-Photovoltaik-Anlage der Stadtwerke Neustrelitz erfolgte im Dezember 2011. Es ist die Anlage „Domjüchsee“ und grenzt direkt an die ehemalige „Landesirrenanstalt“ an der Fürstenseer Landstraße. Das ganze Gelände wurde nach 1945 durch die Sowjetarmee genutzt. Neben den historischen Gebäuden wurden auch modernere Gebäude für das Militär gebaut, jedoch nach dem Abzug abgerissen, da sich auch hier keine überzeugende Nachnutzung fand. Auf genau dieser Fläche der Nachkriegsgebäude des ehemaligen Militärstandortes steht der heutige Solarpark.
Solarpark An der B193 nach Norden
An der B193 Richtung Penzlin, an der Einfahrt zum Kieswerk Steinwalde nahe der Stadtgrenze liegt ein kleiner Solarpark auf einem Hügel. Hier ist eine Abraumhalde zu vermuten. Die Solarmodule sind ungewöhnlich angeordnet und die Grundstücksfläche nicht vollständig bedeckt. Betrieben wird der 2014 in Betrieb genommene Solarpark von der Firma SolarArt Services GmbH & Co. KG aus Randersacker (Bayern).
Solarpark westlich der Bahnlinie Neustrelitz-Berlin
Bis vor wenigen Jahren wurden Solarparks auf Ackerflächen meist nahe an Bahngleisen oder Autobahnen gebaut. Auch der Solarpark zwischen Alt-Strelitz und Klein Trebbow liegt direkt an der Bahnstrecke nach Berlin. Die sandigen Böden in der Gegend dürften für den Ackerbau nicht wertvoll sein. Er wurde im Frühjahr 2020 in Betrieb genommen und ist der erste Solarpark in Neustrelitz, der nicht auf einer ehemaligen Militär- oder Entsorgungsfläche entstand.
PV-Anlage im Bereich des Kiestagebaus Sophienhof Nord 1
Die Photovoltaik-Anlage Sophienhof Nord 1 liegt wurde auch einem ehemaligen Kiestagebau gebaut. Die Abbaufläche wurde verfüllt und darauf wurde eine 8,8 MWp Anlage gesetzt. Sie wird von der EnBW betrieben.
PV-Anlage im Bereich des Kiestagebaus Sophienhof Nord 2 (geplant)
Im Bereich des Kiestagebaus Sophienhof Nord wird im Laufe des Jahres 2023 neben einer schon bestehenden Solaranlage eine weitere entstehen.
Der Kies in Sophienhof Nord ist abgebaut und die Maschinen bereits verschwunden. Bergbaulich könnte das Gebiet weiter genutzt werden. So kann man mit der Verfüllung der Senke Geld verdienen, also sich für die Entsorgung von Erdaushub an anderer Stelle bezahlen lassen. Auf diese Nutzung wird aber für mindestens die nächsten 25 Jahre verzichtet, um mit Solarpanels erneuerbaren Strom zu produzieren. Zusammen mit Sophienhof Nord 1 wird dort ein 15 MWp Solarpark bestehen (Artikel im Nordkurier).
Hier wird in zum ersten Mal in Neustrelitz das 2021 geänderte Bundesgesetz, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, angewendet. Seitdem dürfen Investoren den Gemeinden in dem sie bauen eine finanzielle Beteiligung von 0,2 Cent je eingespeister kWh anbieten. Vorher hätte dies strafrechtliche Konsequenzen aufgrund von Korruptionsgesetzen nach sich gezogen.
Bei 5600 MWh (eigene Schätzung) * 0,2 Cent/kWh wären das 11.200€ jährlich für den Stadthaushalt