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Deutschland für Anfänger Feste

Bayerische Volksfeste

Peteris, mein Freund aus Lettland mag genauso wie ich die bayerischen Volksfeste. Im Jahr 2018 haben wir so viele Feste wie möglich besucht. Wir haben uns die Termine aus dem Internet gesucht und sie „getestet“. Wir haben es unser Volksfest-Scouting genannt! Das hat mich dazu inspiriert so etwas wie einen Crashkurs für Bayerische Volksfeste anzubieten. Da gibt es nämlich viel mehr zu wissen, als dass große Mengen Bier getrunken werden 🙂
Ich beschreibe hier den kulturellen Hintergrund, was dort los ist und gebe praktische Tipps.

Volksfeste und bayerische Volksfeste

Volksfeste gibt es eigentlich in ganz Deutschland. Im Bundesland Bayern hat sich aber ein spezieller Stil herausgebildet. Das Besondere an den bayerischen Volksfesten sind die großen Festzelte mit ihren 1-Liter-Bierkrügen, der bayerischen Musik, dem typischen Essen und den bekannten Trachten. Das Oktoberfest in München ist dabei nur das größte und bekannteste. Es gibt aber eine ganze Reihe solcher Feste. Außerhalb von Bayern kennt man aber meistens nur das Oktoberfest. Auch ich selbst hatte wenig Ahnung von diesen Festen, bevor ich nach Bayern gezogen bin.

Im Inneren eines Festzeltes auf dem Oktoberfest München
Im Inneren eines Festzeltes auf dem Oktoberfest München

Ort und Zeit

Bis auf die Winterzeit finden die Volksfeste das ganze Jahr über statt. Sie dauern zwischen 1 und 3 Wochen. Manche Städte veranstalten sie auch mehrmals im Jahr, zu verschiedenen Jahreszeiten. Es gibt sie überall im Land, auch in kleineren Orten. Je größer der Ort, desto mehr ähnelt sein Volksfest dem Oktoberfest in München. Mittlerweile werden im Herbst in ganz Deutschland Feste in diesem Stil ausgerichtet und auch „Oktoberfest“ genannt. Dabei ist das Oktoberfest in München der Prototyp. Die „Originale“ findet man aber weiterhin nur in Bayern.

Anlass

Volksfeste generell haben meist einen historischen Ursprung. Meistens war es ein jährlich abgehaltener Markt oder ein religiöses Fest. Sehr oft war es das Jubiläum der Einweihung der örtlichen Kirche („Kirchweih“). Dabei wurde auch Essen und Getränke verkauft. Aber nicht nur das. Früher gab es nicht alles immer und überall zu kaufen. Es sind Händler durch das Land gezogen, um ihre Waren anzubieten. So sind sie oft zu jährlichen Festen in den Ort gekommen. Die Händler haben eine Messe abgehalten. Kirche + Messe = „Kirchmess“. Aus diesem Wort wurde „Kirmes“. Beides ist teilweise ein Synonym für ein Volksfest. Typisch für Deutschland gibt es aber durch die Dialekte für Kirchweih und Kirmes unzählige eigene Begriffe. Beim Oktoberfest in München ist der Ursprung jedoch anders. Es gab eine Hochzeit des Königs von Bayern, bei der es auch für das Volk Feierlichkeiten gab. Das wurde später zu einer Tradition.

Bei vielen dieser Feste ist über die Jahre hinweg der Ursprung in den Hintergrund getreten. „Jahre“ bedeutet hier oft Jahrhunderte. Das Fest ist vom Nebenaspekt um eigentlichen Event geworden.

Ein Volksfest ist ein Fest für das Volk, also für Alle. Heute gibt es natürlich Leute, die es mögen und andere, die es nicht mögen. Jeder muss es für sich entscheiden, jedoch sollte man sich selbst ein Urteil darüber bilden.

Zweiteilung in Kirmes (draußen) und Festzelt (drinnen)

Ein Volksfest besteht – vereinfacht gesagt – aus zwei Teilen. Der erste Teil sind die „Fahrgeschäfte und Buden“. Dies ist die Grundlage aller Volksfeste. Hier geht es einfach um Spaß und Erlebnis. Es gibt dort Fahrgeschäfte, Spiele und Snacks. Der zweite Teil sind die Festzelte bzw. Biergärten. Deren Stil macht die Besonderheit des bayerischen Volksfestes aus. Je nach Größe des Volksfestes gibt es ein einziges großes, „Bierzelt“ oder es gibt mehrere davon. Hier kann man tagsüber gemütlich Essen und Trinken. Abends wird es zum „Partyzelt“. Die Volksfeste werden übrigens immer an festen Orten aufgebaut, jedes Mal aufs Neue. Den Rest des Jahres wird der Festplatz anders genutzt, z.B. als Parkplatz.

Fahrgeschäfte und Buden

Dieser Teil ist eigentlich ein transportabler Vergnügungspark. Tagsüber ist es ein Ort für Familien. Abends, wenn es dunkel ist, ist es ein Spaßbereich für Alle. Das Tolle daran ist, dass man als Kind viel entdecken kann. Und wenn man erwachsen ist, und vielleicht ein bisschen getrunken hat, dann kann man sich wieder wie ein Kind fühlen.

  • Fahrgeschäfte (z.B. Autoscooter, Geisterbahnen, Kinder-Karussells Ketten-Karussells, Achterbahnen, Free-Fall-Tower, Riesenräder, Wasserrutschen, Ponyreiten)
  • Spiele (z.B. Luftgewehr-Schießen, kleine Lotterien, Bälle Werfen, „Hau-den-Lukas“)
  • „Fressbuden“ – das sind kleine transportable Verkaufsstände in denen Snacks verkauft werden: Süßes, Fettiges und so weiter. Es ist leckeres Fastfood für zwischendurch
Riesenrad, Kettenkarussel und „Buden“

Das Festzelt

Fahrgeschäfte und Buden gibt es in ganz Deutschland. Auch Festzelte. Bei bayerischen Volksfesten sind sie aber der Kern des ganzen Events. Diese Zelte kann man transportieren, sie werden aber über Wochen aufgebaut. In diese Zelte passen mehrere Tausend Leute rein. Es gibt dort sehr typische Bänke und Tische, die aus Holz und Stahl bestehen. Sie sind schlicht, aber sehr stabil. Sie haben viele Namen: „Bierbänke“, „Biertische“ oder als Set auch „Festzeltgarnituren“. In der Mitte des Zeltes sind sie einfach in Reihe aufgestellt, und zwar so, dass möglichst viele Leute Platz finden.
Die Gästebereiche an den Seiten des Zeltes sind die „Boxen“. Sie sind oft in kleinere Abteile getrennt, manchmal auch etwas erhöht. Dort laufen weniger Leute an den Tischen vorbei. Es ist also „gemütlicher“. An den Seiten des Zeltes befinden sich auch die gastronomischen Einrichtungen.
Im Außenbereich der Zelte befinden sich ebenfalls Plätze. Das hat eher die Atmosphäre eines Biergartens. Man findet dort leichter Plätze, doch wenn man dort sitzt hört man nichts von der Musik im Inneren des Zeltes. Innen, befindet sich die Bühne, auf der die Live-Band spielt.

Essen und Trinken im Festzelt

Das typische Getränk ist natürlich Bier! Dieses schmackhafte und vielfältige Getränk ist fest mit der deutschen Kultur verbunden. Speziell mit der bayerischen Festzeltkultur. So sehr, dass die bayerischen Volksfeste im Ausland einfach „Beerfest“ etc. genannt werden.

Man benutzt Maßkrüge. Diese fassen 1 Liter Flüssigkeit. Ein „Krug“ ist etwas was größer als ein „Glas“ ist. Heute sind sie üblicherweise aus Glas hergestellt, früher waren sie aber aus Steinzeug/Keramik. Diese traditionellen Steinzeug-Krüge sind eigentlich besser für das Bier, weil sie es kühler halten. Der Vorteil der Glasvariante ist, dass man erkennen kann, ob der Wirt die korrekte Menge Bier eingefüllt hat und nicht zu viel Schaum.

Man bestellt einfach „eine Mass“. Dann bekommt man den Standard-Liter. Wer es kleiner angehen möchte der bestellt „eine Halbe!“. Das ist eine halbe Mass, also ein 0,5 Liter.  „Mass“ sprechen Bayern mit kurzem „a“ aus. Alle anderen Deutschen, die sich nicht auskennen nutzen ein langes „a“.
Vor einem ganzen Liter Bier braucht man sich nicht zu fürchten: Ich weiß selbst nicht warum, aber in einem Bierzelt kann man mehr trinken als anderswo. Zumindest mir geht es so. Meine Theorie ist, dass das „Festbier“ besonders leicht zu trinken ist. Es ist süßer, nicht bitter wie Pils-Bier. Neben dem Festbier gibt es aber auch andere Biersorten, oder auch „Radler“ (gemischt mit Limonade) oder alkoholfreies Bier.

Die Preise für eine Maß Bier liegen bei 9-12 €. Das klingt viel, allerdings bekommt man dafür einen ganzen Liter! Im Vergleich mit den Bierpreisen in West- und Nordeuropa ist das noch im normalen Bereich. Allgemein gilt: je größer das Fest, desto höher die Preise.

Steinzeug-Maßkrug und Brezen | Foto: Robert Behrendt

Wenn jemand kein Bier trinkt, dann ist es auch völlig in Ordnung etwas anderes zu trinken. Es gibt auch eine große Auswahl an anderen Getränken. Wie im Biergarten bekommt man auch Softdrinks, Wasser, Säfte, Wein etc. Die Hauptsache ist, das man etwas zum Anstoßen hat!

Das Essen ist relativ teuer (10-20€), aber notwendig. Wer viel trinkt muss aber auch viel Essen! Es gibt deftige, bayerische Gerichte, Gebäck und Gemüse („Wirtshaus-Essen“). Typisch ist ein halbes Hähnchen („Hendl“), Haxe oder Brezen. Das mögen nicht alle, deshalb gibt es auch Essen wie Burger und Pommes. Vegetarisches Essen bekommt man auch. In der Mitte des Zeltes sollte man bis 17/18 Uhr fertig gegessen haben. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass es sehr schwierig ist zwischen Tanzenden von einem Teller zu essen.

Zum Service: Man setzt sich hin und wartet auf die Bedienung. Oft kann man sich aber Essen und Trinken auch am Zeltrand holen, am Tresen. Wenn man sich unsicher ist, dann fragt man einfach dort.

Musik im Festzelt

Wenn das Zelt noch leer ist wird manchmal keine Musik gespielt. Am Nachmittag, meist bis 18 Uhr, wird oft bayerische oder österreichische Volksmusik (Alpen, Blasmusik-Kapelle) gespielt. Das ist die „gemütliche“ Zeit.

Am Abend kommt eine Live-Band. Diese ist intellektuell nicht anspruchsvoll, es ist Partymusik. Wichtig ist, dass sie bekannt ist, so dass man mitsingen kann. Es wird überwiegend deutsche Musik gespielt, oft aus den 80ern und 90ern. Aber auch bekannte Musik mit englischen Texten, oft Klassiker wie „ACDC“ oder „Backstreet Boys“. Das Musik-Spektrum reicht also von Rock bis Pop, von alten bis aktuellen Liedern. Die Band macht ab und zu auch eine Pause von 15-30 Minuten. Da spielt dann ein DJ Musik. In der Zeit kann man, wenn man Mitglieder der Band trifft (zum Beispiel auf der Toilette), eigene Lieder wünschen! Später, zum Ende hin wird viel Musik aus den 80ern gespielt. Die „Neuen Deutsche Welle“ spielt da eine besondere Rolle.

Bühne mit Band

Die Band animiert zum Feiern und Trinken. Dazu gibt es zwischendurch „Trinksprüche“ vom Sänger, bei der das Publikum mitmacht. Hier die Klassiker:

Band: „Ein Prosit… ein Prosit… der Gemütlichkeit!“
(Das ist eine verlängerte Version des „Prost!“ Am Schluss stoßen alle mit an.)

Band: „Zicke Zacke! Zicke Zacke!“
Publikum: „Oi, Oi, Oi!“
(Ehrlich gesagt kenne ich die Bedeutung nicht)

Band: „Prost Ihr Säcke!“
Publikum: „Prost du Sack!“
(„Sack“ ist eine Beleidigung. Der Sänger der Band beleidigt das Publikum. Als Antwort beleidigt das Publikum den Sänger.)

Stimmung

Das Festzelt hat typischerweise ab Mittag geöffnet. Oft ist bis zum späten Nachmittag noch viel Platz. Es geht gemütlicher zu: Man kann Essen und sich unterhalten. Es werden auch Karten gespielt etc.

Am Abend wird es dann lauter. Die Leute, die weit weg von der Bühne sind sitzen meistens. In der Mitte und in der Nähe zur Bühne wird aber ab 17-19 Uhr bis zum Schluss wird auf den Bänken getanzt. Es ist ein Trinken, Tanzen und Spaß haben. Die Stimmung dort liegt irgendwo zwischen Club und einem Fest auf dem Dorf. Man muss es selbst erleben, am besten mit 4-10 Freunden gemeinsam.

Festzelt

Wenn man in ein Zelt kommt ist es nicht selten, dass keine Tische mehr frei sind. Man fragt dann, ob man sich zu anderen setzen darf. Wenn man lange genug fragt hat man manchmal Glück. Die Leute halten die Sitzplätze für Bekannte frei. Es kann sehr lange dauern, bis einen Platz findet. Dabei kann man sich aber das ganze Zelt ansehen. Wenn man sich zu anderen an den Tisch setzt, kommt man schnell in Kontakt mit seinen Nachbarn. Ein gemeinsames „Prost!“ und man ist eine Gemeinschaft. Es geht locker zu. Es ist kein Problem Fremde zu Duzen, auch wenn sie älter sind als man selbst.

Auf Volksfesten geht es aber auch „derb“ zu. Es wird viel getrunken, allgemein beherrscht man sich aber. In Deutschland ist das Bier-Trinken so fest in der Gesellschaft verankert, dass man schon lange Erfahrung hat zu Trinken, sich dabei aber trotzdem zu benehmen. Mit viel Essen funktioniert es literweise Bier zu trinken. Leute, die zu viel trinken gibt es auch. Die werden aber schnell von der Security aus dem Zelt gebracht. Wenn es den Leuten schlecht geht werden auch mal Sanitäter gerufen. Auf größeren Festen gibt es eigene Abteilungen mit Sanitätern, die sich um gesundheitliche Probleme kümmern.

Passiert…

Die allgemeine Sicherheit ist so wie bei jeder anderen Großveranstaltung. Eher besser, weil stark auf die Sicherheit geachtet wird. Wenn man auf den Tischen tanzt, dann wird man aufgefordert herunter zu kommen. Wenn man fällt ist es für einen selbst sehr gefährlich. Aggressivität oder Schlägereien gibt es, jedoch nicht mehr als auf irgendeiner Party mit so vielen Besuchern. Meist ist der Grund ein Missverständnis. Ich war schon bestimmt 50 Mal auf Volksfesten, aber habe auf dem Gelände selbst noch nie eine ernsthafte Situation erlebt. Der Weg zum Bahnhof ist gefährlicher. Es ist wie bei Fliegen im Flugzeug: Man denkt, dass es besonders gefährlich ist, aber durch die ganzen Sicherheitsmaßnahmen ist es tatsächlich sicherer als jedes andere Verkehrsmittel.

Gegen 23 oder 24 Uhr ist Schluss. Es ist keine Veranstaltung um die Nacht durchzumachen. Dafür beginnt es schon viel früher. In einem Festzelt kann man sich manchmal um 23 Uhr so fühlen, als wäre es 5 Uhr. Es geht dann zurück nach Hause oder man geht noch woanders feiern.

Schluss…

Reservieren

Wer abends an einem Tisch sitzen möchte, der braucht großes Glück – oder eine Reservierung. Die kann man machen, oft braucht man aber eine Mindestzahl an Gästen. In München erhält man abends ohne Reservierung kaum einen Platz. Es aber auch Bereiche in denen man nicht reservieren muss. Da sollte man aber schon früh ankommen. Unter der Woche bekommt man generell schneller Plätze. Reservierungen macht man beim Oktoberfest Monate im Voraus. Woanders ist die Situation besser. Man sollte sich auf der Website des Volksfestes informieren. Dort kann man oft auch Tische reservieren. Im Zelt gibt es eine Übersicht an der man sieht welchen Tisch genau man benutzen darf. Man muss dabei pünktlich sein! Wie ich oben beschrieben habe kann man durch fragen aber immer ein paar Plätze bekommen.

Tischreservierung | Foto: Robert Behrendt

Traditionen

Zu den Festen gibt es gewisse Traditionen. Das kann ein feierlicher Einzug am Anfang sein. Beim Oktoberfest in München gibt es am ersten Tag den „Einzug der Wiesnwirte“. Auf historischen Bierwagen werden einige Fässer Bier zum Festbereich gebracht. Das ist nur symbolisch, denn in Wirklichkeit braucht man viele LKW für den Bier-Transport. Hier marschieren dann auch Blaskapellen oder Trachtenvereine mit, die ihre Musik und Kleidung präsentieren. In München kommen dazu Vereine aus ganz Bayern, aber auch Österreich.
Auf dem Festgelände kann man einiges traditionelles Brauchtum sehen. Zum Beispiel das Goaßlschnalzen, bei dem die Peitschen direkt über den Köpfen der Besucher knallen. Am ersten Tag eines Volksfestes ist es Brauch, dass das Bier erst nach dem „Anstich“ ausgeschenkt wird. Dabei wird das erste Fass geöffnet. Und zwar vom amtierenden Bürgermeister der Stadt. Mit einem Hammer muss es geöffnet werden. Dabei wird darauf geachtet, wie viele Hammer-Schläger er benötigt, um das Fass zu öffnen. Je weniger, desto besser. In Würzburg, auf dem Kiliani gibt es jedes Jahr einen Boxkampf. Auf dem Frühjahrsvolksfest gibt es in der Mitte des Zeltes einen Baumstamm, an dem jeder versuchen darf hochzuklettern. Wer es schafft bekommt eine Maß gratis. Das sind aber nur Beispiele. Auf den Volksfesten gibt es immer wieder Besonderheiten zu entdecken.

Goaßschnalzen

Trachten

Von den bayerischen Trachten gibt es eigentlich viele Arten. Die mit Abstand bekannteste Form ist aber „Dirndl und Lederhose“. Ein paar Sätze zur Bedeutung: Ende des 19. Jahrhunderts sind viele Menschen vom Land in die Städte zogen, um in den neuen Fabriken zu arbeiten. Die Städte sind schnell gewachsen, es war laut, schnell, modern.  Viele der Neuankömmlinge haben Trachtenvereine gegründet. Dort haben sich Leute zusammengetan, die aus der gleichen Region kamen, um sich ein Stück ihrer Heimat und Identität zu bewahren. Dazu gehörte die ländliche Kleidung der Heimatregion zu tragen. Es war aber nicht die normale bäuerliche Arbeitskleidung, sondern die Kleidung, die man an Sonn- und Feiertagen angezogen hat. Jede Region hatte andere Trachten, oft gab es von Dorf zu Dorf Unterschiede. Andersherum kam gerade der Tourismus auf. Städter aus den mittleren und höheren Schichten wollten raus aus der lauten und durch die Fabriken verschmutzte Stadt. Sie haben Ausflüge aufs Land gemacht. Oft in die Berge (im Norden Deutschlands dagegen oft ans Meer). Als die Städter in den Bergdörfern waren wollten sie sich manchmal auch „volkstümlich“ anziehen. Dazu haben sie Trachten gekauft. Außerdem haben sie sie auch als Andenken an diese Landwelt mit nach Hause genommen. Dass Touristen Lederhosen und Dirndl kaufen gibt es also schon seit mehr als 120-150 Jahren!

Heute werden die oberbayerischen Trachten als „urtümlich bayerisch“ auch auf Volksfesten getragen. Die allseits bekannten Dirndl und Lederhosen sind dabei aber nur eine „moderne, vereinfachte“ Version. Es gibt unendlich viele Formen und Feinheiten.

Die Gleichheit ist in Deutschland schon lange ein hoher Wert (früher vor Allem galt das natürlich für die Gleichheit innerhalb der Schichten). Volksfeste waren für das Volk gedacht, also die Masse der einfachen Leute. Heute ist es etwas für Alle. Auf dem Volksfest verschwinden die sozialen Unterschiede. Die Tracht unterstützt das. Wenn viele das gleiche anhaben, kann man nicht erkennen wer viel oder wenig Geld hat. Die Menschen sind nicht anhand der Kleidung zu unterscheiden. Außerdem sitzen oft unterschiedlichste Leute Tisch an Tisch. Alle können mitmachen, der Eintritt ist frei. Das ist ein Stück soziale Gleichheit.

Tanz in einem Festzelt auf den „Oidn Wiesn“ | Foto: RB

Wenn sich alle zum Volksfest treffen verschwinden auch die kulturellen Unterschiede. Wer Migrant oder Kind von Migranten ist, der gehört mit Tracht sofort dazu. Er ist dann einer von Allen. Jeder kann mitmachen. (Zugegeben habe ich Frauen mit Kopftuch nur außerhalb und nie innerhalb des Bierzelts gesehen.) Im Zelt selbst tritt die Herkunft aber in den Hintergrund. Ob jemand aus Afrika, Iran oder Australien kommt ist dann nicht mehr so wichtig.

Es geht es höchstens darum, ob man Bayer ist oder nicht. Egal ob Ausländer oder nicht-bayerische Deutsche (die „Preißn“): Für einen echten Bayern gibt es da keinen Unterschied.

An- und Abreise

Besonders bei den großen Festen ist man nicht allein, wenn man z.B. mit der Bahn anreist. Die Züge sind voll und man erkennt die mitfeiernden an den Trachtenträgern. Morgens auf der Fahrt geht die Party meist schon los, auch wegen der  Bierpreise direkt auf dem Fest. Wenn man am Bahnhof aussteigt, dann braucht man meist nur der Masse zu folgen, um zum Festgelände zu gelangen. Wenn auf dem Festgelände Schluss ist (23 oder 24 Uhr) kann man sich auch der Menge anschließen, um zum Bahnhof zu gelangen. Auch im Zug ist man dann mit einer Menge meist junger Leute unterwegs, die alle nach Hause fahren. Da geht die Party oft noch weiter. Selbst wenn die Bahn Verspätung hat, oder wenn es Ersatz gibt ist man wenigstens nicht allein. Auf diesen Rückfahrten habe ich selbst schon eine Menge Leute kennengelernt.

Peteris und Ich
auf einem Raucherbalkon
Bier 1, Bier 2 und Peteris

Wie immer gilt auch bei den bayerischen Volksfesten: Man erlebt es am besten selbst.

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Karneval / Fasching / Fastnacht

Karneval, Fasching, Fastnacht… Wie so oft gibt es in Deutschland für ein und dieselbe Sache je nach Region verschiedene Bezeichnungen.
In Deutschland beschreibt man es oft so: Kontrollierter Exzess!

Bezeichnung

Hauptsächlich werden diese 3 Bezeichnungen verwendet:
(Der) Karneval -> das kommt aus dem lateinischen, entweder „carne levare“ (Fleisch wegnehmen) oder „carne vale“ (Fleisch, Lebe wohl!)
(Die) Fastnacht -> „die Fastenzeit naht“ oder „die (letzte) Nacht vor dem Fasten“
(Der) Fasching -> aus dem mittelalterlichen „Fastenschank“ also den letzten Ausschank von alkoholischen Getränken vor der Fastenzeit

Für mich persönlich handelt es sich um Fasching! Ich werde aber hier „Karneval“ verwenden, weil es in Deutschland überregional verwendet wird und auch im Englischen verwendet wird.

Straßenkarneval in Würzburg | Foto: Robert Behrendt
Straßenkarneval in Würzburg | Foto: Robert Behrendt

Formen und Elemente:

Regionalität: Wie bedeutsam der Karneval ist, ist sehr von der Region abhängig. Meist sind es überwiegend katholische Regionen, in denen sich eine starke Karnevalskultur entwickelt und erhalten hat. Besonders beliebt ist er im Rheinland (Köln, Düsseldorf, Aachen, Bonn, Mainz und andere). Er wird aber überall gefeiert, obwohl es nicht überall die gleiche Intensität gibt.

Sitzungs-, Straßen- und Partykarneval
Klassisch kann zwischen Sitzungskarneval und Straßenkarneval unterscheiden. Bei den Sitzungen handelt es sich um besondere Veranstaltungen in Innenräumen, die von den Karnevalsgesellschaften organisiert werden. Der Straßenkarneval findet vor Allem draußen und in Bars statt. Auch hier gibt es aber organisierte Veranstaltungen wie de Karnevals-Umzüge oder den Rathaussturm, bei dem die Narren symbolisch die Macht in der Stadt übernehmen.
Dann gibt es auch noch Karneval-Parties in verschiedenen Formen, sei es in Bars, Clubs, in Schulen oder privat.

Karnevalsgesellschaften: Das sind Vereine, deren Mitglieder mit voller Leidenschaft Karneval feiern und vor Allem die Veranstaltungen organisieren.

Karnevals-Sitzungen: Sie werden von den Karnevalsgesellschaften veranstaltet. Hier ist ein großer, dekorierter Saal voll mit meist kostümierten Gästen. Es treten mehrere Künstler, Comedians und Tanzgruppen auf. Die „Sitzung“ wird von einem Sitzungspräsidenten und dem Elferrat geleitet. Alles ist ausgelassen, dennoch gibt es eine ironische ernsthafte Fassade im Ablauf, der an eine Mitgliederversammlung einer ernsthaften Organisation erinnert. Wie so oft ist es eine Parodie auf sonst ernsthafte Versammlungen. Zur Faschingszeit werden sehr viele dieser Sitzungen, von den großen und bekannten Vereinen im Fernsehen übertragen. Wenn man sie richtig erleben möchte muss man aber wirklich da sein. Der Humor auf solchen Sitzungen ist meistens nicht sehr hochintellektuell, aber es geht einfach um den Spaß.

Straßenkarneval: Feiern auf der Straße und in angrenzenden Bars. Es wird gelacht, getrunken und besonders ausgelassen gefeiert. Hier sind Dinge erlaubt, die sonst nicht möglich sind: Zum Beispiel Alkohol in rauen Mengen bei Tag und Nacht. Sprüche, die an normalen Tagen sexistisch wären sind im Straßenkarneval keine Rede wert. Natürlich ist es nicht immer so extrem. Man sollte aber schon Spaß verstehen, wenn man mitten in der Menge ist.

Karnevals-Umzüge: Sie sind der Höhepunkt des Straßenkarnevals. Hier ziehen Kostümierte zu Fuß oder auf geschmückten Fahrzeugen durch die Stadt. Es ist auch eine Parade der Karnevalsgesellschaften. Auf den Fahrzeugen wird gefeiert oder auch aktuelle Themen kritisch und humorvoll aufgenommen. Meist werden die „Mächtigen“ verhöhnt. Der größte ist der Rosenmontagsumzug in Köln. Es gibt aber auch in vielen kleinen Orten kleine, gemütliche Umzüge.

Karnevals-Rufe: Auf dem Höhepunkt der Karnevalszeit gibt es einen eigenen Gruß. Mit ihm kann man auch zeigen, dass man bei dem ganzen Trubel mitmacht. Sie sind auch regional unterschiedlich. Die bekanntesten sind „Helau“ und „Alaaf“. Man sagt zum Beispiel in Köln „Alaaf“ und in Düsseldorf „Helau“. Weil zwischen diesen beiden Städten eine Art „Feindschaft“ besteht, sollte man den richtigen Gruß verwenden 😉

Schwäbisch-Alemannische Fasnet: Eigenständiger, ursprünglicher Karneval im südwestdeutschen Raum. Die Elemente des „modernen“, rheinischen Karneval gibt es hier bewusst nicht.

Typisches Essen: Krapfen/Berliner

Wie ich schon erwähnt habe, geht es im Straßenkarneval manchmal derb zu. Hierzu ein Zitat aus einem Meinungsartikel von Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin der WELT:

Im Karneval wird die Frage beantwortet, wie weit wir gehen, wenn wir uns gehen lassen. Gerade weil an den tollen Tagen außer Kraft gesetzt wird, was sonst die Regel ist, offenbaren sie, wie wertestabil und gleichberechtigt unsere Gesellschaft ist. Und die ist so stabil, dass sie selbst im Unanständigsein Anstand wahrt.

Dagmar Rosenfeld
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article189539633/Genderdebatte-An-Karneval-hat-MeToo-Ferien.html

Historische Bedeutung

Karneval ist die Zeit vor der christlichen Fastenzeit bis Ostern. Die Grundformen des Festes in Deutschland geht auf das Mittelalter zurück. Früher, als die Fastenzeit noch streng für alle galt, mussten bis zur Fastenzeit alle Vorräte an tierischen Lebensmitteln und alkoholischen Getränke „aufgebraucht“ werden. Es wurde also nochmal ein richtig ausschweifendes Fest gefeiert, bevor 40 Tage gefastet wurde. Daneben gab es noch aus sehr alten Zeiten Bräuche, die den Winter verscheuchen sollten. Diese sind damit zeitlich zusammengefallen. Im Ergebnis hat sich ein ausgelassenes Fest mit Maskierungen, Verkleidungen etc. entwickelt. Es war auch war es eine Zeit in der in ein paar Tagen die „Verhältnisse in der Welt“ umgedreht wurden. Die Diener wurden zu Herren und andersherum. Die „Narren“ übernahmen die Macht. Das ist auch der Grund warum es in Deutschland symbolische „Erstürmungen“ der Rathäuser gibt.
Viele Elemente stammen aber auch aus dem 19 Jahrhundert. Es wurden die Soldaten mit ihren Uniformen, mit ihrem Gleichschritt und Disziplin parodiert. Angefangen hat es mit versteckten Spott an den napoleonischen Besatzungstruppen im Rheinland. Danach gegenüber den Preußen, die nach den Befreiungskriegen gegen die Franzosen in vielen Ländern nun das Sagen hatten. Deshalb sehen die traditionellen Bühnen-Tänze, Uniformen etc. militärisch aus: Es ist eine Parodie auf das Militär!

Zeitlicher Ablauf

11. November (11.11.): Anfang der Karnevals-Zeit
Historisch, weil es in frühchristlicher Zeit eine Fastenzeit vor Weihnachten gab.
Hier werden die Rathäuser gestürmt.

Februar/März: Hier finden Veranstaltungen und Prunksitzungen der Vereine statt.

Engere Karnevalstage:Die richtigen Karnevalstage finden kurz vor der Fastenzeit statt, also im festen Abstand zu Ostern. Weil Ostern vom Mondkalender abhängt, der nicht ganz mit dem Sonnenkalender (365 Tage) übereinstimmt, fällt Ostern und damit Karneval jedes Jahr an unterschiedliche Daten in den Monaten Februar und März.

  • Weiberfastnacht/Weiberfasching: Donnerstag vor Aschermittwoch. Hier fängt der Straßenkarneval an.
  • „Karnevalsfreitag“, „Karnevalssamstag“ und „Karnevalssonntag“ -> das Wochenende, an dem schon viel gefeiert wird
  • Rosenmontag -> Der „Höhepunkt“ des Karnevals. Hier findet der berühmte Rosenmontagszug in Köln statt
  • Faschingsdienstag
  • Aschermittwoch (Von „Asche“ -> hier bleibt vom ganzen Fest nur die Asche übrig und es ist vorbei)
    Interessant ist hier, dass traditionell die Parteien einen „politischen Aschermittwoch“ veranstalten. Dabei geht es darum vor den eigenen Leuten zu sprechen und den politischen Gegner besonders hart zu kritisieren.

Aschermittwoch ist der Beginn der christlichen Fastenzeit, die bis Gründonnerstag/Ostern verläuft. Die Fastenzeit dauert 40 Tage, die Sonntage sind aber ausgenommen. Bei der Fastenzeit geht es traditionell um den Verzicht auf Fleisch. In der heutigen Zeit geht es vielen gläubigen Christen aber vor allem um das Symbol. Man verzichtet zum Beispiel auf Alkohol, Süßigkeiten etc. Laut einer repräsentativen Umfrage im Jahr 2017 fasten in Deutschland 11% der Bevölkerung in der christlichen Fastenzeit. Dieser Ursprung ist also nicht mehr so bedeutend.

Wichtig ist zu wissen: Kein Karnevals-Tag ist ein gesetzlicher Feiertag. Rosenmontag und Faschingsdienstag sind in einigen Gegenden aber Tage an dem die Unternehmen ihren Angestellten frei geben.

kleines Glossar:

  • „fünfte Jahreszeit“ -> so wird der Karneval / Fasching auch genannt (die Zeit vom 11.11. bis Aschermittwoch)
  • „Karnevalshochburg“ -> da wo der Karneval besonders stark verwurzelt ist
  • „Jeck“ / „Narr“ / „Narren“ -> Ausdrücke für Personen, die Karneval feiern. Man kann „jeck“ auch als adjektiv benutzen: man kann es mit fröhlich, witzig, in Feierlaune beschreiben

Fazit:

In Deutschland geht es ja meist recht ordentlich zu. Der Karneval ist dagegen ein „Ausnahmezustand“ und „geregelter Kontrollverlust“. Es gibt Leute, die nichts damit zu tun haben möchten und andere, die ihn lieben.

Wenn man mitmachen möchte ein Tipp: Man sollte wissen, ob man in der Region wo man ist „Karneval“ oder „Fasching“ sagt. Und was der regionale Ausruf ist: Zum Beispiel „Helau“ oder „Alaaf“. Man muss sich nicht aufwendig verkleiden, etwas buntes reicht auch aus. Ansonsten gilt nur: Gute Laune!


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Das Weihnachtsfest

Nachdem ich in einem anderen Beitrag über die Weihnachtszeit geschrieben habe möchte ich hier über das Fest an sich schreiben. Über das, was zeitlich eng damit verbunden ist, Heiligabend, die Weihnachtsfeiertage und die Zeit nach Weihnachten.

Krippen und Krippenspiel: Zu Weihnachten gehört die biblische Weihnachtsgeschichte. Hauptsächlich in den Kirchen werden „Krippen“ aufgestellt. Das sind modellhafte Darstellung der Stallszene in der Weihnachtsgeschichte. Daneben wird von den Kindern der Kirchengemeinden ein Schauspiel eingeübt und aufgeführt, bei dem die Weihnachtsgeschichte aufgeführt wird.

Die Weihnachtszeit ist auch Zeit der Geschichten und klassischen Filme. Im Fernsehen werden besonders viele Märchen gezeigt. Dabei gibt es Klassiker, die schon seit vielen Jahren immer wieder gezeigt werden: Zum Beispiel „3 Haselnüsse für Aschenbrödel“ (Aschenputtel), die schwedischen „Michel aus Lönneberga“-Geschichten von Astrid Lindgren oder „Der kleine Lord“.

In der Weihnachtszeit sieht man oft Orangen/Mandarinen, Äpfel und Nüsse. Hintergrund: Früher waren diese Dinge nicht das ganze Jahr zu erhalten. Äpfel werden im Herbst reif und sind deshalb zu dieser Zeit reichlich vorhanden. Auch Nüsse sind gut lagerbar und lieferten im kalten Winter viel Energie. Orangen und Mandarinen sind in der Weihnachtszeit reif (in Südeuropa), deshalb werden auch sie zu Weihnachten verschenkt.

Der Heiligabend wird, wie auch der erste und zweite Weihnachtstag, je nach Familientradition anders gestaltet. Der 24. Dezember ist kein gesetzlicher Feiertag. Die Geschäfte haben üblicherweise aber nur bis mittags offen. Viele Leute nutzen dies als letzte Gelegenheit für Einkäufe. Deshalb sollte man die Dinge, die man für das Fest braucht schon vorher organisieren. Im Laufe des Tages werden die letzten Vorbereitungen getroffen. Traditionell wird auch der Weihnachtsbaum erst an diesem Tag aufgestellt und geschmückt.  Das Essen wird vorbereitet und Verwandte Reisen zu ihren Besuchen. Gläubige besuchen die Gottesdienste. Dabei ist es für viele Leute einer der wenigen Kirchenbesuche im Jahr.
Der Abend gestaltet sich meistens als ruhiges Familienfest in der Familie. In manchen Familien ist das Singen von Liedern oder Spielen von Instrumenten Brauch. Für die, die das nicht selbst machen gibt es aber im Fernsehen Konzerte, Shows, Märchen und Ähnliches. Brett- und Kartenspiele sind ebenfalls beliebt.
Es gibt auf jeden Fall leckeres Essen. Am Heiligabend gibt es allerdings den Brauch Würstchen mit Kartoffelsalat zu essen. Dies ist ein einfaches Essen, als Kontrast zu den aufwendigen Gerichte in den nächsten beiden Tagen.
Die Geschenke werde bei der „Bescherung“ verteilt. Wenn es Kinder in der Familie gibt, dann wird ein Weihnachtsmann engagiert, der die Geschenke überreicht. Das geht aber nicht einfach so. Man sollte darauf gefasst sein, dass man ein Gedicht aufsagen oder ein Lied singen muss, damit man das Geschenk bekommt.
Je nach Region bringt auch das „Christkind“ die Geschenke. Das ist natürlich nicht zu sehen, deshalb können die Kinder auch damit überrascht werden, dass die Geschenke plötzlich da sind.
Auch wenn kein spezieller Weihnachtsmann kommt, dann wird üblicherweise jemand bestimmt der die Geschenke verteilt – inklusive Spaßfaktor. Große oder kleine Geschenke, gekaufte oder selbstgemachte. Da ist alles möglich was man sich vorstellen kann.
Das wichtigste aber ist, dass man einen schönen Abend in der Familie verbringt.

Aussehen des Weihnachtsmanns: Hat sich aus dem Nikolaus entwickelt. Das Aussehen des Weihnachtsmann war bis in die 30er Jahre unterschiedlich. Es gab mehrere, die oft vom Ursprung (Bischof) inspiriert waren. Coca Cola in den USA hat den Weihnachtsmann nicht erfunden, aber er hat den Rot-Weißen Stil weltweit populär gemacht und damit vereinheitlicht! Es wurde für eine Werbekampagne genutzt, wobei rot und weiß natürlich wegen der eigenen Farben ausgesucht wurde.
Das Christkind: Martin Luther hat als Reformator der Kirche die Heiligenverehrung (Katholizismus) abgelehnt und hat einen Ersatz für den Nikolaus gesucht, der ja ein Bischof war und heilig gesprochen wurde.

Der erste und zweite Weihnachtstag wird vor Allem auch für Besuche genutzt. Und natürlich, um die Geschenke auszuprobieren 🙂 An diesen Tagen wird sehr gut gegessen. Sehr typische sind Gans oder Ente mit Rotkohl und Klößen. Oft nutzt man die Zeit für Besuche bei Verwandten. Ironischerweise ist Weihnachten auch immer mit „Familienstreit“ verbunden. Besonders wenn sich Verwandte treffen, die sich eigentlich nicht mögen. Und Harmonie und Besinnlichkeit kann man natürlich nicht erzwingen… Wenn das Fest vorbei ist und sich erstmal eine lange Zeit nicht sieht, dann ist alles wieder in Ordnung. Bis zum nächsten Weihnachtsfest… Um zu erfahren, was die Deutschen am 25. und 26. Dezember wirklich machen dann muss man sie fragen. Das ist nämlich je nach Geschmack anders.
Man kann natürlich davon ausgehen, dass es Leute gibt, die diesen ganzen Trubel nicht mitmachen. Diese Weihnachtsmuffel suchen sich in diesen Tagen Beschäftigungen, die gar nichts mit Weihnachten zu tun haben. Oder sie fahren um die Zeit in den Urlaub!

Die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester wird auch die „Zeit zwischen den Jahren“ genannt. Viele Leute nehmen Urlaub. In manchen Unternehmen wird gar nicht oder fast gar nicht gearbeitet. Mit Silvester/Neujahr endet aber die ruhige Zeit. Traditionell wird der Weihnachtsbaum und alle andere Dekorationen am 6. Januar abgebaut. Die Deko wird wieder eingelagert und wartet auf das nächste Weihnachten. In Deutschland ist natürlich auch geregelt wie die Weihnachtsbäume entsorgt werden! Entweder gibt es einen besonderen Termin, an dem die Stadtreinigung eine extra Weihnachtsbaum-Tour macht, um alles einzusammeln. Oder (meist in kleineren Orten) gibt es ein kleines gemütliches Fest, das „Weihnachtsbaumverbrennen“, bei dem meist die örtliche Feuerwehr alle Weihnachtsbäume des Ortes in einem große Feuer verbrennt.

Weihnachtsbäume, zur Abholung bereit! | Foto: Robert Behrendt

Der 6. Januar ist der Tag der heiligen 3 Könige. Dies hat vor Allem in katholischen Regionen Bedeutung. In einigen Bundesländern ist er auch ein gesetzlicher Feiertag. Es gibt die die Tradition der „Sternsinger“. Dabei ziehen Kinder als hl. 3 Könige verkleidet an die Häuser, singen und sammeln Spenden für Arme etc. In großen Orten muss man sie zu sich bestellen. Als Abschluss bekommt man an der Haustür eine Segnung. Es ist der letzte Teil aller Weihnachtstermine. Damit ist dann Schluss bis zum nächsten Jahr.

Weihnachten ist ein christliches Fest, das durch Geographie und Geschichte bereichert wurde. Die Zeit zur Wintersonnenwende ist der Höhepunkt des kalten, dunklen Winters und das Ende des Jahres. Deutschland ist durch seine Geschichte christlich geprägt und so feiern Christen zu dieser Zeit die Geburt Jesus Christus. Dieses Fest ist zu einem festen Bestandteil der Kultur geworden. Der religiöse Aspekt ist noch spürbar, ist aber mittlerweile nur ein Teil. Der größte Teil der Dinge, die ich hier beschrieben habe sind auch ohne den religiösen Anlass schöne Traditionen und Bräuche. Unabhängig vom Ursprung begehen auch Menschen ohne Glauben oder anderer Religionen mehr oder weniger der Traditionen.
Es ist die Zeit von Licht im Dunkeln, der Rückblick auf das alte Jahr und Blick in das neue Jahr. Es sind Feiertage für die Familie, Besinnlichkeit, Frieden… Es ist also etwas, das allen Menschen wichtig ist.

Foto: Robert Behrendt
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Die Weihnachtszeit

Ich möchte hier über die Weihnachtszeit und später auch über das Weihnachtsfest mit seinen Bräuchen geben. Ich kann dabei nur einen Ausschnitt zeigen, denn es gibt sehr viele regionale Besonderheiten von denen ich gar nichts weiß. Jede Familie hat auch ihrer eigenen Traditionen und Abläufe. Darüber hinaus bin ich kein Christ, weshalb Weihnachten für mich weniger mit Religion zu tun hat, sondern mehr mit Familie und Ruhe mitten im Winter.

Weihnachten, das christliche Fest zur Feier der Geburt von Jesus Christus, das ist genauer der 24. Dezember (Heiligabend) und der 25. und 26. Dezember (1. und 2. Weihnachtsfeiertag). Die Wochen davor werden Vorweihnachtszeit genannt.

Diese Weihnachtszeit beginnt so richtig mit dem 1. Advent. Der 1. bis 4. Advent, das sind die 4 Sonntage vor Weihnachten. Dazu gibt es den Brauch, einen Adventskranz aufzustellen. Traditionell besteht er aus Tannengrün, auf dem sich 4 Kerzen befinden. Jeden Adventssonntag wird eine weitere Kerze angezündet. Tannengrün, so wie der Weihnachtsbaum, sind klassische Dekoration. Sie symbolisieren als immergrüne Pflanzen (also auch über den Winter) die Natur / das Leben /den Frühling nach dem man sich zurücksehnt. 
Natürlich darf der Adventskalender mit seinen 24 Türen nicht fehlen. Die klassische Variante unserer Zeit ist mit kleinen Schokoladenfiguren gefüllt. Heutzutage kann aber alles Mögliche drin sein. Kosmetik, Literatur, Tee oder Sexspielzeug. Man kann auch aus einem Kasten Bier einen Adventskalender basteln. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Grundidee sind 24 kleine Überraschungen für jeden Tag vom 1. bis 24. Dezember, um das Warten zu erleichtern. Ungeduldige und Schokoladensüchtige machen aber alle 24 Türchen auf einmal auf, um die Schokolade zu essen.

Dekoration

Die Weihnachtsdekoration wird am ersten Adventswochenende aufgestellt und bis bleibt bis zum 6. Januar stehen. 
Beispiele für typische Weihnachtsdekoration sind: der Schwibbogen, das Räuchermännchen, das Lebkuchenhaus, der Nussknacker und die Weihnachtspyramide. Lichterketten in allen möglichen Formen gehören auch zur Weihnachtsdekoration. 
Auch die Geschäfte in der Stadt und sehr viele Unternehmen dekorieren zur Weihnachtszeit. 
Aufgeregt blinkende und farbverändernde Lichter entspringen allerdings eher asiatischem Geschmack, also da wie die meiste Lichterdekoration hergestellt wird. Die schönere Dekoration ist ruhig und stilvoll.

Weihnachtsdekoration im Berliner Hauptbahnhof, Foto: Robert Behrendt

Nikolaus

Am 6. Dezember ist der Nikolaus-Tag. In Deutschland gibt es an diesem Tag schon einmal einen Vorgeschmack auf Weihnachten, indem es kleine Geschenke gibt. Es gibt folgenden Brauch: Die Kinder putzen ihre Schuhe oder Stiefel und stellen sie über Nacht nach draußen vor die Tür. Am nächsten Morgen sind die Schuhe mit kleine Geschenke gefüllt: Aber nur wenn sie gut geputzt sind, denn Fleiß wird belohnt! Wer seine Schuhe nicht ordentlich putzt bekommt nichts. Außer Schuhen werden mancherorts auch Teller über Nacht aufgestellt. Heutzutage bekommen die Kinder aber fast immer etwas, auch wenn sie nicht brav waren. 
Es hat sich dahin entwickelt, dass es zum Nikolaus in Kindergärten, Grundschulen oder ähnlichen Orten einen Nikolaus gibt, der kleine Geschenke bringt. An Weihnachten trifft man sich ja nicht mehr. In frühen Zeiten hat der Nikolaus am 6. Dezember die eigentlichen Geschenke gebracht. Die „Bescherung“ ist aber in Deutschland wie in anderen Ländern zum Weihnachtsfest gewandert. Dann bringt der Weihnachtsmann oder das Christkind (je nach Region) die Geschenke.
Im englischsprachigen Raum heisst der Geschenkebringer auch Santa Claus und kommt zu Weihnachten. Nicht nur der Name, sondern auch das heimliche Bringen der Geschenke in der Nacht entspricht der Deutschen Tradition. Es sind nicht Stiefel oder Teller, sondern Strümpfe in die die Geschenke gelegt werden. Die Idee ist dieselbe – nur der Termin ist anders.

was dazugehört…

Weihnachtsfeiern gehören zu den obligatorischen Dingen in Vereinen, Unternehmen und sonstigen Organisationen und Gruppen, dass man eine Weihnachtsfeier abhält. Der Anlass und Gedanke ist gleich, es ist auch ein gemeinsames Treffen am Ende des Jahres. Ansonsten können sie sehr unterschiedliche Stimmungen haben. Es kann ein gemütliches Kaffee-Trinken im Altenheim sein, ein gemeinsamer Restaurantbesuch einer Firma bzw. Abteilung. Oder eine große Party des Unternehmens oder Vereins. Besonders bei Unternehmen ist das einer der wenigen Anlässe bei denen man mit allen Kollegen eine Party veranstaltet. Dabei geht es üblicherweise lustig bis „extrem lustig“ 😉 zu.

In der Vorweihnachtszeit spricht man oft auch vom „Weihnachtsstress“. Dieser entsteht durch die Vorbereitung des Festes. Vor Allem durch das Besorgen von Geschenken oder das Organisieren von Reisen oder Weihnachtsessen.

Zum Weihnachtsgebäck nur folgendes: Es gibt sehr viele verschiedene Sorten, teilweise nur regional bekannt. Überall bekannt sind aber Plätzchen, Stollen, Lebkuchen, Zimtsterne, Spekulatius…
In den Geschäften wird meist schon Ende Oktober Weihnachtsgebäck angeboten. Der frühe Zeitpunkt hat aber nichts mit Tradition zu tun, sondern mit Umsatz. Selbstgemacht schmeckt es auch fast immer besser. Besonders schön ist das Plätzchen-Backen zuhause.

Plätzchen | Foto: RB

Weihnachtsmärkte

Weihnachtsmärkte gibt es vor Allem im deutschsprachigen Raum, Deutschland, Österreich, Schweiz. 
Sie finden in der Vorweihnachtszeit statt, also Ende November bis Ende Dezember. Traditionell sind sie zum eigentlichen Weihnachtsfest bereits beendet. Meistens schließen sie also zum 22./23. Dezember.
Man besucht sie mit der Familie oder mit Freunden. In weihnachtlich geschmückten Verkaufsständen findet man leckeres Essen für zwischendurch, man trinkt heiße Getränke und sieht sich nach kleinen Geschenken um. Normalerweise ist man zu dieser Jahreszeit nicht lange draußen – dort ist es aber auch bei kalten Temperaturen gemütlich. Man findet dort eine ruhige, angenehme Stimmung, die man einfach so genießen kann.

Je nach Größe der Stadt gibt es große und kleine Weihnachtsmärkte. Sehr große Städte haben oft auch mehrere in verschiedenen Stadtteilen. Die kleineren Märkte in kleinen Orten dauern meist auch nicht lange. Sie finden oft nur wenige Tage, oder ein Wochenende statt. Dafür sind sie oft gemütlicher und von den Bewohnern selbst organisiert. 
Es gibt sehr viele Kleinigkeiten zu essen Die Klassiker sind Bratwurst, gebrannte Mandeln, Waffeln und heiße Maronen. Üblicherweise trinkt man Glühwein. Dies ist erhitzter Wein mit Gewürzen und Zucker (Zimt, Nelken, Zitrone etc). Normalerweise ist es Roter Wein, es gibt aber auch Weißen Glühwein. Wer „Mit Schuss“ bestellt, der erhält etwas Rum oder Amaretto in den Glühwein. Daneben gibt es die Feuerzangenbowle. Wer es ohne Alkohol mag trinkt einen Punsch, bzw. Früchtepunsch. Am Glühweinglas kann man praktischerweise auch seine Hände wärmen.

Auf den Weihnachtsmärkten kann man auch Geschenke und Dekoration kaufen. Dabei ist es natürlich am schönsten wenn handwerklich gemachte Dinge verkauft werden. Diese gibt es oft auf speziellen kleineren Märkten. Generell gibt es natürlich immer Unterschiede und spezielle Ausrichtungen. Zum Beispiel Mittelalter-Märkte auf denen man auch warmen Met trinken kann. Es gibt auch Märkte mit vielen Fahrgeschäften und nerviger Musik. Traditionelle Märkte erkennt man aber daran, dass keine Musik oder nur Live-Musik gespielt wird. Weihnachtsmärkte haben oft auch Eigennamen wie den „Dresdener Striezlmarkt“ oder der „Nürnberger Christkindlsmarkt“.
Für einen Besuch empfehle ich persönlich den Weihnachtsmarkt in Erfurt.

Woher stammt die traditionelle Dekoration?

Die Weihnachtszeit im Dezember ist die Zeit in der die Tage kürzer werden und es also wenig Tageslicht gibt. Der kürzeste Tag ist der Tag der Wintersonnenwende am 21. bzw.22. Dezember. An diesem minimal kurzen Tag vergehen von Sonnenaufgang (ca. 8:15 Uhr) bis Sonnenuntergang (ca. 16:15 Uhr) nur 8 Stunden. Deshalb ist die Dekoration mit Licht besonders verbreitet. Man sehnt sich schon seit langer Zeit nach dem Licht der Sonne zurück. Mit dem Christentum ist auch Jesus Christus als „Licht in der dunklen Welt“ dazugekommen.
Es ist auch die Zeit, in der alle Blätter der Laubbäume abgefallen sind. Es wird(normalerweise) kalt und es kann schneien. In dieser Situation haben Nadelbäume eine besondere Bedeutung. Sie sind immergrüne Pflanzen und die einzigen Bäume,die auch im Winter grün bleiben. Sie sind daher zu einem Symbol für das Leben und eine Wiederkehr des Frühlings geworden. Zweige von Nadelbäumen wie Tannen sind so zur klassischen Dekoration geworden. Das gleiche gilt auch für Misteln.

So ist auch der Weihnachtsbaum in Mitteleuropa, in Deutschland,Teil von Weihnachten geworden ist. In einigen Teilen Deutschlands wird er auch Christbaum genannt. Zur Dekoration wird er geschmückt. In alten Zeiten wurde auch Essbares an ihn gehängt. Wie er geschmückt ist der Fantasie, dem Geschmack und Stil überlassen. Wichtig ist nur, dass er eine Spitze hat! Gerade weil in Deutschland das Ökologische Denken weit verbreitet ist, wird ein echter Baum bevorzugt. Echte Bäume sind authentisch, Plastikbäume sind manchmal praktisch, aber definitiv nicht so schön! An öffentlichen Orten gehört er zur normalen Weihnachtsdekoration und steht während der ganzen Adventszeit.  Im privaten, in der Familie wird er privat traditionell an Heiligabend aufgestellt und geschmückt. Einige Tage vorher wurde er frisch gekauft, und zwar in Baumärkten, Supermärkten, auf Weihnachtsmärkten oder direkt auf der Weihnachtsbaum-Plantage.

Nadelbäume und Misteln in Quedlinburg | Foto: RB

Vielen Dank an Gayane Karapetyan für die Fotos (inklusive Beitragsbild).

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